Kleine rabulistische Sprachspiele mit Hintersinn

Oskar Ansull - „Gedichte”

von Michael Zeller

Sinniges Sprachspiel
 
„in die laufende trommel” heißt der neue Lyrikband, den Oskar Ansull in diesen Tagen vorgelegt hat - ein Appell an die uns wie automatisch enteilende Zeit. Sie läßt sich nicht fassen, ist immer schon wieder auf und davon. Gegen diesen unvermeidbaren Rhythmus hat der Autor seine Gedichte der letzten Jahre zusammengestellt und und damit ein Stück eigener Biografie festgehalten: konzentrierte Augenblicke, in denen Gefühl & Gedanke zusammenfallen und eine kleine Textmaschine produzieren, die eine Lebenssituation erhellen.
Von wenigen Zeilen oft nur, sind es gerade die kurzen Gedichte, mit denen Ansull die schlagendste Wirkung bei seiner Leserschaft erzeugt.
 
von nichts kommt nichts
kommt eins zum andern
und alles und nichts addiert
sich und ist nicht zu teilen
ist was es ist und was es
nicht ist und das ist alles
 
Es sind kleine rabulistische Spiele, die Ansull mit der Sprache treibt. Ihren Hintersinn muß (oder darf) man sich erst erobern. Getragen sind sie von den abgeklärten Lebenserfahrungen eines Mannes, der sich nichts mehr vormachen läßt, der aber nie seine Neugier verliert und unverdrossen ins Offene hinein geht, wobei immer ein gutes Quantum an Humor durchscheint, auch in trüben Momenten, wie in dem Gedicht zu Corona: 
 
aufatmen unter
atemschutzmasken
luftholen schnappen
nach reinen partikeln
versprochener luft
 
Leben bleibt bei diesem Dichter ein „Versprochenes” in die Zukunft hinein, da wird nichts verloren gegeben. Es hat uns selbst dann noch etwas zu bieten,  wenn wir um Atem ringen müssen.
„in die laufende trommel” ist Oskar Ansulls dritter Gedichtband, nach denen von 1984 und 1988. Die Pause ist jetzt mit mehr als dreißig Jahren recht lang gewesen. Deshalb hat Ansull die neuen mit den alten Texten in einem Sammelband vereint, unter dem bündigen Titel GEDICHTE. Klingt fast wie ein markantes Schlußwort, doch das wollen wir nicht hoffen.
Oskar Ansull ist übrigens nicht nur ein Hersteller eigener Texte, er ist auch ein  hervorragender Interpret der Texte verstorbener Kollegen. Mehrmals ist er als Rezitator auch in Wuppertal aufgetreten. Seine Lesung aus dem Roman „Der Pojaz” (von 1905) des Karl Emil Franzos ist vielleicht noch dem einen oder der anderen in der Stadt hier in Erinnerung. 
 
Oskar Ansull - Gedichte (in die laufende trommel / Entsicherte Zeit / Disparates)
© 2021 Wehrhahn Verlag, Hannover, 235 Seiten gebunden – ISBN: 978-3-86525-861-8
22,- €
 
Weitere Informationen:  www.wehrhahn-verlag.de