Schöne, bedrohte Arktis

Ragnar Axelsson - „Where the world is melting“

von Johannes Vesper

Schöne, bedrohte Arktis
 
Where the world is melting - Ragnar Axelsson.
 
Von Johannes Vesper
 
Im Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung München läuft bis zum 18. April 2022 die o.a. Fotoausstellung. Der Klimawandel bedroht die Welt, wird sichtbar oder spürbar vor allem in der Arktis aber auch in der Tundra Sibiriens. Seit 1968 fotografiert Ragnar Axelsson den Norden und in Island gibt es bei schon eine Gedenktafel für einen verschwundenen Gletscher. Man rechnet in Island damit, daß in den nächsten 150-200 Jahren alle Gletscher schmelzen werden. Als Fotograf arbeitete der jetzt 63jährige von 1976-2020 für eine isländische Tageszeitung. Immer wieder reiste er an die Ränder der bewohnten Welt und fotografierte die Menschen vor Ort, die Robbenjäger und Farmer, deren Vertrauen er bei seinen Besuchen gewonnen hatte. Er ist der „festen Überzeugung, daß die traditionelle Kultur der arktischen Bevölkerung …den zerstörerischen Auswirkungen …der Wirtschaft und des Klimawandels nicht standhalten kann“ (Isabel Siben im Katalog).
 
Mit seinen Fotografien fängt er ihre Lebenswelt ein und widmet ihnen Buch und Ausstellung. Bereits als Kind packte ihn beim Besuch seines Cousins die Faszination der isländischen Gletscher, und hält seitdem an. Gegliedert in acht Kapiteln werden seine Bilder gezeigt. Mit Robbenfängern, die vom Verkauf der Felle lebten, war er unterwegs, kreuzte Gletscherflüsse ohne Brücken, watete in Gletscherseen und schoss mit der von Vater erhaltenden Leica Bild um Bild („Wo alles begann“). Zwischen 1986 und 2015 fotografierte er „Gesichter des Nordens“, dokumentierte den Schwund des Eises auf Grönland („die letzten Tage der Arktis“). Seine Landschaftsaufnahmen von Island („Hinter den Bergen“ 1986-2019) zeigen atemberaubende Bilder von Bergen und Schluchten, Ascheschnee, gewaschene Steine und Felsen, die Sonnenlicht, welches zwischen jagenden Wolken aufscheint, reflektieren. „Gletscher“ bedecken die isländischen Vulkane und erodieren die Felsklippen. Unzählige schwarze Linien durchziehen ihre Eisfelder. Welch magische Grafik der Natur. In Grönland fotografierte er auch „arktische Helden“, Schlittenhunde, Vögel, den gefährdeten Eisbären.
 

Foto © Ragnar Axelsson


Foto © Ragnar Axelsson

Der Schlittenhund auf Seite 146 schimpft offenen Mauls und ernsten Blicks zornig vom rechten Drittel des ansonsten fast leeren Bildes aus auf die Verhältnisse, während der Schneehund auf der gegenüberliegenden, fast monochromen Seite bei der Menge des Schnees den Schwanz einzieht. Den Schlittenhunden hatte er schon 2020 ein eigenes Buch gewidmet(„Hetjur norðurslóð“) Mit dem Rentierschlitten durchkreuzte er die Tundra „Sibiriens“, fotografierte dort Löcher und Krater, die sich bei schwindendem Permafrost gebildet haben. 2021 widmete sich der Fotograf der „Schwarzen Landschaft“ Islands nach der Schneeschmelze. Gletscherflüsse suchen in schwarzem Sand ihren kurvenreichen Weg. Mit diesen Bildern will er wie die Wissenschaftler warnen, will die Arktis, wie sie ist, dokumentieren, will sie für die Geschichte wenigstes fotografisch erhalten. Selbst ein erfahrener Pilot, ist er mit Olafur Eliasson für dessen Gletscherprojekt 2019 über die Gletscher Islands geflogen. Mehrfach für seine Fotojournalismus ausgezeichnet, dokumentiert er in einem Dreijahresprojekt die Lebensverhältnisse aller acht Staaten der Arktis. Dort jedenfalls gefährdet die Erderwärmung Leben und Natur.
 

Foto © Ragnar Axelsson


Foto © Ragnar Axelsson

Ragnar Axelsson - „Where the world is melting“
Mit Texten von Isabel Siben und Ragnar Axelsson sowie einer kurzen Biographie
Englisch mit deutschem Textheft Gestaltet von Einar Geir Ingvarsson
© 2021 Kehrer Verlag Heidelberg, 224 Seiten, 24.5x29,4 cm, Festeinband 148 Duplexabbildungen (Schwarz/Weiß) - ISBN 978-3-96900-046-9
49,90 €
 
Weitere Informationen zur Aiusstellung: https://www.versicherungskammer-kulturstiftung.de/kunstfoyer/
 
Weitere Informationen zum Buch: https://www.kehrerverlag.com