Thomas Laske

„Liedertal“ und Porträt

von Johannes Vesper

Foto © Karl-Heinz Krauskopf 

„Liedertal“ und Porträt:
Thomas Laske
 
Zwischen Wachen und Träumen“ übertitelte die weltberühmte Altistin Ingeborg Danz ihr Konzert, mit dem die von Bariton Thomas Laske ins Leben gerufene neue Wuppertaler Konzertreihe „Liedertal“ Ende November des verklungenen Jahres eröffnet wurde. Sie hat mit den großen Orchestern der Welt musiziert, von den Berliner und Wiener Philharmonikern bis hin zum Chicago und Boston Symphony Orchestra, mit Dirigenten wie Riccardo Muti, Philippe Herreweghe, Semyon Bychkow und kam jetzt mit dem wunderbaren Michael Gees (Klavier) in den Mendelssohn Saal der Historischen Stadthalle Wuppertal. In einem Gesamtkunstwerk von 20 Liedern aus vier Jahrhunderten, von John Dowland über J.S. Bach, Schumann, Schubert, Brahms bis hin zu Richard Strauss u.a. sang sie vom Zauber der Nacht und Mitternacht, von der Dämmerung des Abends und der Frühe, vom Mond und von der Dunkelheit. Das Publikum war begeistert.
So ein großer Liederabend macht neugierig auf die folgenden Konzerte dieser Reihe, die der in Wuppertal lebende Bariton Thomas Laske neu begründet hat. Er hatte bei seinen Auftritten in Deutschland und Europa in Gesprächen mit seinen Kollegen immer wieder bemerkt, daß viele die Stadthalle mit ihrer prächtigen Architektur und wunderbaren Akustik, die im Jahre 1900 mit Richard Strauss als Dirigent des Sinfonieorchester eröffnet worden war, nicht kannten und sich bald vorstellen konnten, zu einem Liederabend nach Wuppertal zu kommen. Seit Jahren brannte er schon für die Idee einer eigenen Konzertreihe nur mit Liederabenden, gibt er doch selbst immer wieder Liederabende an vielen Orten.
 
Wer ist Thomas Laske? Im Alter von neun Jahren war er, eingeladen von einem Schulfreund, zu den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben Stuttgart gekommen und bald vom Singen fasziniert. Seit 1900 prägt dieser Chor das Konzertleben in Stuttgart. Das riesige Programm (jährlich rund 50 Konzerte), die regelmäßigen Proben - 3-4mal wöchentlich ging ein Nachmittag dafür drauf - bewältigte er mit Vergnügen und bemerkte bei regelmäßiger Stimmbildung, wie sich die Stimme entwickelte. Noch heute ist er dankbar dafür, als Junge/Jugendlicher die Kantaten, Motetten und Oratorien von Heinrich Schütz bis Hugo Distler gesungen und kennengelernt zu haben. Natürlich beeindruckten ihn die Reisen in die DDR, die Schikane an der Grenze, die Chorreise nach Israel, wo man in allen wichtigen Kirchen des Landes aufgetreten ist. Spaß gemacht haben die jährlichen Chorfreizeiten mit ihren täglichen Proben über Stunden, unterbrochen von Wanderungen, Schwimmvergnügen und Fußballspiel. Dazu kamen die 2-3 Konzertreisen pro Jahr, ein Riesenprogramm für die Knaben dieses Chors, der nicht im Rahmen eines Internats aktiv ist. Disziplin und Konzentration, einfach mal die Klappe halten, der Raum zwischen den Tönen, die Stille und leisen Töne sind nicht nur für die Musik von Bedeutung, sondern weit darüber hinaus prägend. „Besonders beeindruckt mich im Rückblick, wie sich auch nach intensiven Proben beim Auftritt Naivität, Spontaneität und Emotionalität der jungen Sänger ungebrochen auf das Publikum überträgt“.
 
Nach dem Abitur (Leistungskurs Musik) lag es für den jungen Thomas nahe, Musik zu studieren, er strebte dennoch zunächst den Beruf des Toningenieurs an. Eine Aufführung von „Tosca“ an der Wiener Staatsoper, vor allem aber das abgrundtief Böse in der Figur des Barons Scarpia, hatten ihn dermaßen beeindruckt, daß er von Gesang und Oper nicht mehr lassen mochte und daraufhin in einem kooperativen Doppelstudiengang parallel auch Gesang studierte. Viel verdanke er seiner Lehrerin in Düsseldorf, der Sängerin Brigitte Dürrler, die 25 Jahre an der Rheinoper alle großen Rollen ihres Fachs gesungen hat. Noch heute sei er mit ihr verbunden. Viel gelernt habe er auch bei Andreas Schmidt, der an den Staatsopern von Hamburg bis Wien ständig aufgetreten ist und bei Fischer-Dieskau studiert hatte.
 

Thomas Laske im Gespräch mit Johannes Vesper - Foto © Karl-Heinz Krauskopf 

Geprägt worden sei er außerdem von Otto Edelmann, dem berühmten Sänger, der in Bayreuth 1951 unter Herbert von Karajan den Sachs gesungen hat, der als Mitglied der Wiener Staatsoper 36 Partien in 430 Vorstellungen gesungen hat, der 1960 das Salzburger Festspielhaus als Ochs eröffnet, als ständiger Gast in der Metropolitan Opera New York Triumphe gefeiert und im Alter noch im „Tatort“ gespielt hat („Nie wieder Oper“, „1000 Tode“). Er hatte in der Votivkirche zu Wien Thomas Laske die Kreuzstabkantate singen hören, ihn danach angesprochen und unterrichtet. „Von ihm habe ich den eleganten Umgang mit der Höhe ohne überflüssigen Einsatz körperlicher Kraft, überhaupt technisch sauberes Singen gelernt, was für den Übergang von einem Stimmregister zum anderen von größter Bedeutung ist“ sagte er bei unserem Gespräch im Probensaal der Kurrende. Meisterkurse habe er auch absolviert bei Elio Battaglia, John Shirley-Quirk, Wolfgang Schöne und Edith Wiens. „Finanziert habe ich mein Studium teilweise mit Singen von Messen, kleinen Konzerten oder anderen Mucken, vor allem aber auch mit Auftritten meiner Gruppe aus ehemaligen Chorknaben, den Stuttgart Harmonists“ Das hat viel Spaß gemacht.“.
 
Nach dem Abschluß beider Studiengänge und dem Konzertexamen wurde Thomas Laske auf Bewerbung hin ins Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein aufgenommen. „Dort konnte ich mich intensiv auf den Beruf als Opernsänger vorbereiten, bald kleinere Rollen des Repertoires übernehmen und auch Meisterkurse besuchen. Die Ausbildung stand damals ganz im Vordergrund, wohingegen heute die Angehörigen der Opernstudios oft nur eine kostengünstige Ergänzung des Ensembles darstellen.“ An der Bühne Gelsenkirchen/Wuppertal, dann an der Barmer Oper sang er von 1999 -2014 und, nachdem man hier mit der Kündigung des Ensembles die Oper vor dem Ruin retten wollte, noch ein Jahr als Gast. Gast war er auch an vielen großen Opernhäusern wie der Deutschen Oper Berlin, an der Kölner und Frankfurter Oper, der Bayrischen Staatsoper München oder der Nationaloper Peking zu hören. „Gerne erinnere ich mich an meine listigen, witzigen, berühmten Friseure der Opernliteratur, die charaktervollen Figaros im „Barbier von Sevilla“ (Rossini) und in „Figaros Hochzeit“ (Mozart); auch die Titelrolle in „Eugen Onegin“ (Tschaikowski) habe ich besonders gerne gesungen.“ Vor allem aber ist er in den letzten Jahren im Konzertfach unterwegs. Unter den Dirigenten und Ensembles mit denen er zusammengearbeitet hat, befinden sich so klangvolle Namen wie Riccardo Chailly, Mariss Jansons, Ton Koopman, Helmuth Rilling, Wolfgang Sawallisch, die Bamberger Symphonikern, das Symphonieorchester der Bayerischen Rundfunks, das Deutschen Symphonieorchester Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, das Sinfonische Orchester Mailand Giuseppe Verdi, die St. Petersburger Philharmonikern, dem Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, der Dresdner Kreuzschor, der Thomanerchor Leipzig und der Windsbacher Knabenchor.
 

Thomas Laske im Gespräch mit Johannes Vesper - Foto © Karl-Heinz Krauskopf 

Seit 2009 unterrichtet er als Lehrbeauftragter „Gesang“ an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf sowohl Studentinnen als auch Studenten. Da wird zunächst das Atmen ohne Töne geübt, elementar für das Singen. Der Übergang von einem Stimmregister ins andere ist für alle Sänger eine Herausforderung. Da die Stimmenregister bei Frau und Mann prinzipiell gleich, sozusagen gendergerecht, angelegt sind, kann er als Bariton auch Frauenstimmen unterrichten bis hin zum hohen Sopran.
Inzwischen sind auf seinem Computer über 2000 Auftritte dokumentiert. Seine Diskographie umfaßt mehr als 25 Aufnahmen, darunter Heinz Erhardt und Christian Morgenstern in Liedern zum Harmonium (Tadeusz Klaus), mehrfach das Weihnachtsoratorium J. S. Bachs u.a. mit dem Windsbacher Knabenchor (zweimal bei Sony Classicals), Beethovens 9. Sinfonie mit dem Sinfonieorchester Wuppertal (Denon), Matthäuspassion (J.S. Bach mit dem Thomanerchor und Gewandhausorchester Leipzig u.a.. Mit Verena Louis (Klavier) hat er Lieder Gustav Mahlers aufgenommen (Lieder eines fahrenden Gesellen, Rückert-Lieder, Kindertotenlieder), mit Dagmar Thelen die „Winterreise“ Schuberts, ebenfalls mit Dagmar Thelen „Vier ernste Gesänge“ von Johannes Brahms.
 
Gerade hat er in Münster das Verdi-Requiem (Sinfonieorchester Münster, Philharmonischer Chor Münster) und zu Weihnachten in Bochum (Anneliese Brost Musikforum Ruhr), in Dortmund (Konzerthaus) und in Essen (Kreuzeskirche) das Weihnachtsoratorium gesungen, dazu zwei Konzerte in der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf (Weihnachtsoratorium, Szenen einer schlaflosen Nacht) sowie fünf Konzerte in Mailand, Auditorium di Milano (Beethoven: 9. Symphonie). Er hat also gut zu tun.
Aber Corona bewirkt viel. In diesen Pandemie- Zeiten, wo man große Chorkonzerte mit - sagen wir mal - ca.150 Musikern auf einer Bühne eigentlich nicht durchführen kann, entwickelte Thomas Laske seine alte Idee einer Konzertreihe „Liedertal“ mit Liederabenden der Spitzenklasse in der Historischen Stadthalle zu Wuppertal, ein Programm mit nur zwei Künstlern und einem kleinen Kammermusikpublikum, welches auch unter Corona stattfinden könnte. Gefördert von Kulturstipendium NRW, der Nettelbeck-Stiftung und der Dr. Werner Jackstädt-Stiftung werden erstmalig in der Spielzeit 2021/22 „hochkarätige Sänger mit spannenden Programmen“ präsentiert, ergänzt im Juni um Familien- und Schulkonzerte mit Prinzessin Else (Julia Sophie Wagner), Prinz Theodor (Thomas Laske) und dem Waldelf Thomas Braus. Eine solche Reihe ist nur möglich dank persönlicher Freund- und Bekanntschaft des Gründers dieser Reihe mit vielen Sängern, denen bei der Zusammenstellung ihres Programms jede Freiheit gelassen wird. So soll auch in der Zukunft die Vielfalt der klassischen Liedliteratur dem Wuppertaler Publikum präsentiert werden. Das vollständige Programm ist unter www.liedertal.de zu finden.
 
Am 12. Januar 2022 wird beim 2. Liederabend Franz Schubert: „Die Winterreise“ geboten. Thomas Laske und Verena Louis werden Schuberts Seelenzustände erkunden.
 
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