Boris Charmartz als neuer Intendant für Tanztheater Wuppertal Pina Bausch vorgeschlagen

Der Tänzer und Choreograph soll sein neues Amt im September 2022 antreten

von Andreas Rehnolt

Boris Chamartz - Foto © Sébastien Dolidon

Boris Charmartz als neuer Intendant
für Tanztheater Wuppertal Pina Bausch vorgeschlagen
 
Der Tänzer und Choreograph soll sein neues Amt im September 2022 antreten
 
Wuppertal - Der Aufsichtsrat des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch hat am Donnerstag den Tänzer und Choreographen Boris Charmartz einstimmig als neuen Intendanten des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch vorgeschlagen. Vorbehaltlich des formalen Beschlusses des Finanzausschusses der Stadt Wuppertal soll Charmartz die Leitung der Kompagnie im September nächsten Jahres und damit zum Beginn der neuen Spielzeit antreten. Die Aufgabe des neuen Intendanten bestehe darin, neue Werke für das Ensemble zu kreieren und ihm dabei Raum für die künstlerische Freiheit zu geben. Er habe zudem die Aufgabe, „ein neues Fundament für die Arbeit zu schaffen, die mit dem Werk von Pina Bausch verbunden wird“, hieß es in einer Mitteilung der Stadt Wuppertal.
 
Dem Beschluß vorausgegangen war die Arbeit einer Findungskommission aus Experten und Vertretern der bergischen Metropole, des Landes Nordrhein-Westfalen und des Ensembles. In einem aufwändigen Verfahren fanden Gespräche mit führenden internationalen Choreographinnen, Choreographen, Künstlerinnen und Künstlern statt. Am Ende fiel das Votum der Findungskommission einstimmig für Charmartz aus. Dem schloß sich der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Donnerstag ebenfalls einstimmig an.
Aus Sicht der Verantwortlichen bringt Charmartz auf besondere Weise all das mit, was für den Zukunftsprozeß erforderlich ist: „Mut und eine starke künstlerische Arbeit, in der er sich immer wieder neu erfindet, strategische Klarheit, Sensibilität und Respekt für das herausragende Werk von Pina Bausch und das Ensemble, ein internationales Netzwerk und eine sehr fundierte Expertise in den Künsten.“ Der gesamte Findungsprozeß wurde in engem Austausch mit dem Ensemble realisiert. Für alle ist dieser Schritt in die Zukunft wichtig.
Charmartz ist Tänzer und Choreograf. Er zählt weltweit zu den wichtigsten Erneuerern der Tanzkunst. Seine Arbeiten sind auf den großen Bühnen und Festivals der ganzen Welt vertreten, er war Associated Artist beim Festival D`Avignon 2011, Gast der Pariser Oper hat eng mit Ausnahmekünstlern wie Anne Teresa De Keersmaeker, Meg Stuart, Tino Seghal und vielen anderen internationalen Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet. Neben seinen Bühnenarbeiten hat er Stücke und Performances im öffentlichen Raum vieler Städte sowohl in Frankreich wie auch in Europa präsentiert, zuletzt in Manchester, Berlin und Brüssel.
 
Der neue Intendant hat seine Arbeit in bedeutenden Museen gezeigt, so im MoMA in New York, der Tate Modern in London und auf der Triennale von Mailand. Boris Charmartz zeichnet sich dadurch aus, daß er in seinen Arbeiten stets künstlerische Risiken eingegangen ist, dabei den Tanz gewürdigt, erneuert, ihn kühner gemacht hat. Darüber hinaus ist die Bewahrung der choreografischen Geste einer der Schwerpunkte der Arbeit von Boris Charmartz. Unter seiner Leitung wurde das Centre Choréographique de Rennes et de Bretagne zwischen 2009 und 2018 zum lebendigen „Musée de la danse“.
„Mit Boris Charmartz ist es uns gelungen, eine Künstlerpersönlichkeit für Wuppertal zu gewinnen, die internationale Ausstrahlung mit einer tiefen Lust verbindet, das Erbe Pina Bauschs mit einem Neuaufbruch für das Ensemble zu verbinden. Das große Interesse, sich dabei gleichzeitig auf die besondere Qualität der Wuppertaler Geschichte einzulassen, macht Boris Charmartz zur idealen Wahl“, sagte Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind am Donnerstag.
 
Wie auch Salomon Bausch mit der Pina Bausch Foundation und dem Archiv sieht Boris Charmartz seine Aufgabe mit dem Ensemble als ein Zukunftslabor für den Tanz. Aus der Geschichte, dem Werk, der herausragenden Arbeit Pina Bauschs, aber auch der Folkwang Tradition insgesamt, gilt es Neues für die Kunstform wie auch für die Gesellschaft zu entwickeln. Eine neue Verantwortung, die Charmatz mit Enthusiasmus angeht: „Pina Bausch zeigt uns den Weg: in einer post-industriellen Umgebung arbeiten, die Jungen und die Älteren bei der Arbeit am Repertoire integrieren... Sich niemals mit dem Erreichten zufrieden geben… Unerwartete Gesten jenseits der ästhetischen Erwartungen erfinden… Risiken nicht scheuen…“
 
NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) erklärte am Donnerstag: „Pina Bausch hat eines der bedeutendsten künstlerischen Werke der letzten 100 Jahre geschaffen, das ausgehend von Nordrhein-Westfalen weltweite Wirkung entfaltet hat. Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch soll auch in Zukunft ein starker Ort für die Tanzkunst und die Choreografie sein, an dem das besondere kulturelle Erbe Pina Bauschs lebendig und erfahrbar bleibt. Dies kann nur gelingen, wenn eine herausragende Künstlerpersönlichkeit diese Arbeit verantwortet und in die Zukunft trägt. Mit seinem gleichermaßen innovativen wie sensiblen Umgang mit der Geschichte des Tanzes bringt Boris Charmartz beste Voraussetzungen mit, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können.“