Der alte Eastwood ist immer noch toll

„Cry Macho“ von Clint Eastwood

von Renate Wagner

Cry Macho
USA 2021 

Regie: Clint Eastwood
Mit: Clint Eastwood, Eduardo Minett, Natalia Traven u.a.
 
Zuerst ist selbstverständlich die Bewunderung angesagt. Daß jemand vor dem Alter nicht kapituliert, daß er immer noch seinen Beruf ausüben will, daß er meint, es gäbe Geschichten, die zu erzählen sich lohnen – Clint Eastwood beweist es im Alter von derzeit 91 Jahren. „Cry Macho“ ist eine geradlinige, ein wenig versüßte Geschichte, die eine Botschaft sendet. Von der Dramaturgie und Machart her kein großer Wurf, aber in der Intention wertvoller als vieles, was man üblicherweise zu sehen bekommt.
 
Eastwood spielt, was er ist, einen alten Mann. Der ehemalige Rodeo-Star und Pferdefachmann Mike ist nach dem Tod von Frau und Tochter völlig abgestürzt. Es war Howard (Dwight Yoakam), der ihm einen Job und wieder eine Perspektive gegeben hat. Er hat ihn gerettet, er schuldet ihm etwas – und Howard fordert es ein.
Er kann nicht genau begründen, warum Mike plötzlich seinen, Howards unehelichen Sohn von Mexiko zu ihm nach Texas auf seine Pferderanch bringen soll – daß es nicht nur spät entdeckte Vaterliebe ist, nimmt man schon an (und es bestätigt sich natürlich). Daß andererseits die mexikanische Mutter nicht gerade ein Gewinn für einen halbwüchsigen Jungen bedeutet, wie Howard versichert, merkt Mike, als er sie kennenlernt. Diese Leta (Fernanda Urrejola) manipuliert in alle Richtungen, hat auch nichts Freundliches über ihren Sohn Rafa (Eduardo Minett) zu sagen, weiß nicht einmal, wo er ist. Desolate Verhältnisse.
Nun, Mike findet Rafa (weil die Männer in Filmen ja so gescheit sind), dieser verdient Geld bei illegalen Hahnenkämpfen, trägt seinen Kampfhahn namens „Macho“ (siehe den Titel…) unterm Arm und ist so rotzig und abweisend, wie man es nur erwarten kann. Aber dann sieht er doch seine Chance, hier wegzukommen, und steigt zu Mike ins Auto, als dieser es schon gar nicht mehr will.
 
Schien eine konventionelle Vorgabe bis hierher einigermaßen gegen den Strich gebürstet, kommt dann alles, wie es kommen muß. Das Road Movie mit seinen Problemen (bei einem bösen Überfall auf die beiden kann sich so ein Kampfhahn bewähren), freundliche Aufnahme auf einer „Frauen“-Farm in Mexiko mit vielen Kindern, geführt von der liebevollen Marta (Natalia Traven), zu der – ja, kitsch as kitsch can, Mike am Ende zurückkehren wird.
Und viele Gespräche zwischen einem total desillusionierten jungen Mann (der dennoch auf einen Vater hofft – und vermutlich enttäuscht wird, aber das sieht man nicht mehr) und einem alten Mann, der einiges vom Leben weiß  und diese Weisheiten im Drehbuch-Stil wortkarg fallen läßt. Man diskutiert sich halt ein bißchen durchs Leben.
 
Das Happyend für Rafa ist vage, aber er bekommt eine Chance (und freut sich auf die Pferde des Vaters, hat Mike ihm doch schon eine Stunde im Reiten gegeben), und das Happyend für Mike formt sich hoffnungsvoll … wenigstens einmal kein Film, der überzeugt davon ist, daß es No Future gibt.
Und übrigens –  Eastwood als Regisseur tut nichts, um die einfache Geschichte besonders spannend und spektakulär zu machen, will es nicht, weil es das Thema nicht verträgt. Aber der alte Eastwood als Schauspieler ist auf seine stille, leicht eingetrocknete Art immer noch toll. Es ist eine einfache Geschichte. Und das ist doch was.
 

 
Renate Wagner