Dame mit Fächer

Gustav Klimt und Ostasien im Wiener Oberen Belvedere

Red.

Gustav Klimt, Dame mit Fächer, 1917-18, Private Leihgabe © Belvedere, Vienna, Photo: Markus Guschelbauer

Dame mit Fächer
Gustav Klimt und Ostasien
 
Wien, Oberes Belvedere
bis 13. Februar 2022
 
Gustav Klimt setzte sich zeitlebens intensiv mit fernöstlicher Kunst auseinander – was sich schließlich auch in seinem letzten nahezu vollendeten Gemälde Dame mit Fächer niederschlägt. Das Werk ist derzeit nach mehr als einhundert Jahren erstmals wieder in Wien zu sehen. Im Rahmen einer Sonderausstellung zeigt das Belvedere die stilistischen Einflüsse aus China, Japan oder Indien auf Klimts Werk auf.
 
Dame mit Fächer entstand gegen Ende des Jahres 1917. Als Klimt am 11. Jänner 1918 einen Schlaganfall erlitt, von dessen Folgen er sich nicht mehr erholte, war das Bild beinahe fertiggestellt. Das unbekannte Modell spielt ein verführerisches Spiel – die Schulter entblößt, die nackte Brust vom Fächer verdeckt, mit erhobenem Kopf und selbstsicherem Blick. Klimts Bestreben, mit seinen Damenbildnissen und idyllischen Landschaften der düsteren Wirklichkeit eine Vision von Harmonie und Liebe entgegenzusetzen, wird gerade in den spätesten Werken zu einem Friedensbekenntnis – ebenso wie die chinesischen Kleider und Ornamente den interkulturellen Austausch feiern. Bereits ab den 1890er-Jahren beschäftigte sich Gustav Klimt mit ostasiatischer Kunst. Zunächst vor allem an japanischer Kunst interessiert, wandte er sich in späteren Jahren chinesischen, koreanischen und teils auch persischen oder indischen Stilformen zu. Der Künstler übernahm aus der Kunst dieser Länder nicht nur dekorative Motive, sondern auch kompositorische Aspekte. Er studierte typische Farbkombinationen und übertrug sie in seine Gemälde.
 

Kikugawa Eizan, Kurtisane Tamakazura, und kamuro Hatsuyo und Katsura aus dem
Haus Tama in der Edo-Straße in Neu-Yoshiwara, um 1813, Foto: © MAK – Museum
für angewandte Kunst, Wien

Die Dame mit Fächer ist vor allem von der chinesischen und der japanischen Kunst maßgeblich geprägt. In eine chinesische Robe gehüllt, versteckt sie sich kokett hinter einem bemalten Fächer. Im Hintergrund ist eine gelbe Tapete mit charakteristischen Motiven zu sehen: der chinesische Phönix, der Kranich, der Goldfasan und die Lotusblume sind als Glückssymbole in der ostasiatischen Kunst allgegenwärtig. Eine weitere Anlehnung an japanische Malerei ist die Dargestellte selbst: „Bijinga“ – Bildnisse berühmter Schönheiten (Kurtisanen und Geishas), in der japanischen Farbholzschnitttechnik (ukiyo-e) – besaß auch Klimt in seiner umfangreichen Sammlung asiatischer Kunstobjekte. Nur wenige Blätter aus seinem Besitz sind noch erhalten, weitere sind auf Moriz Nährs Foto des Ateliervorraums zu erkennen. Für den Hintergrund von Dame mit Fächer ließ Klimt sich möglicherweise von Utagawa Kuniterus Farbholzschnitt Schnee inspirieren.
 
Klimt war wie Schiele, Kokoschka und andere Künstler aus seinem Kreis Mitglied des Wiener Instituts für Kulturforschung. Die 1915 gegründete Vereinigung propagierte mitten im Ersten Weltkrieg eine pazifistische, egalitäre Weltkultur und lehnte die Idee einer kulturellen Überlegenheit des Westens ab, die zu dieser Zeit weit verbreitet war. Diesen Anspruch repräsentieren auch Klimts Gemälde, in denen sich europäische und asiatische Bildtraditionen gleichwertig zu einer harmonischen Symbiose verbinden.
 
Dame mit Fächer
Gustav Klimt und Ostasien
7. Oktober 2021 bis 13. Februar 2022
Oberes Belvedere
Prinz Eugen Straße 27 - A - 1030 Wien