Herz, Schmerz, Satire und Wikinger Hautgout

„The Sunlit Night“ von David Wnendt

von Renate Wagner

The Sunlit Night
Deutschland, Norwegen 2019

Regie: David Wnendt
Mit: Jenny Slate, Alex Sharp, Fridtjov Såheim u.a.
 
Die Handlung beginnt in New York, uraufgeführt wurde der Film (übrigens schon im Jänner 2019) beim Sundance Festival, und doch ist er – englischsprachig – eine deutsch / norwegische Produktion. Regisseur David Wnendt, der so Witziges wie die Hitler-Satire „Er ist wieder da“ und so Semi-sinnliches wie die „Feuchtgebiete“ auf die Leinwand gebracht hat, versucht sich nun wieder in einem ganz anderen Genre.
 
Zu Beginn wähnt man sich in einer Kunstsatire, wenn drei Kritiker geschwollen heiße Luft von sich geben, was die junge Künstlerin Frances nicht eben glücklich macht. Sie wird von der Komikerin Jenny Slate gespielt, die nicht hübsch sein muß, um das Publikum mit ihrer sehr persönlichen Art einzunehmen. Sie ist Mitglied einer so typisch jüdischen New Yorker Familie, daß Woody Allen hätte Pate stehen können – ein knurriger Vater, der auch einmal Künstler werden wollte, aber als Illustrator gelandet ist, eine unzufriedene Mutter. Wie gut, daß die Schwester ihre bevorstehende Heirat verkündet, da kann Papa bekannt geben, daß er und Mama sich trennen. Kein Zuhause mehr. Und auch kein blonder Boyfriend für Frances, das geht in die Brüche. Also – Tapetenwechsel.
Nun wird der Großstadt New York die grüne Natur und ewige Helligkeit des europäischen Nordens entgegen gestellt, die Gegensätze könnten kaum krasser sein. Ein bißchen Kultur / Natur-Schock ist es schon… Es klingt wie ein Kunststipendium, von denen es ja viele gibt, als Frances  nach Norwegen, genauer, auf die Lofoten, aufbricht, um dort als „Assistentin“ eines Künstlers zu arbeiten. Dieser Nils Auermann (Fridtjov Såheim) entpuppt sich allerdings als äußerst mürrischer  Kerl, der sie ganz ohne Luxus unterbringt, 12 Stunden Arbeit verlangt, keine Privatwünsche. Sein Kunstwerk ist das Streichen einer riesigen Scheune als „Projekt“, eine Mordsarbeit, für die er jemanden ausbeuten muß.
 
Im übrigen gibt es hier natürlich ein Wikingerdorf, das längste Langhaus, das man von ihnen kennt, und eine Gemeinde, die daraus touristischen Mehrwert zieht – und Haldor (Zach Galifianakis) geht, kostümiert, ganz in seiner Rolle auf.
Die Handlung der Geschichte ist dürftig, von der Schönheit und Würde eines Wikinger-Begräbnisses ist die Rede, und genau das will Yasha (Alex Sharp), der Russe, der eigentlich in einer Bäckerei in New York arbeitet, seinem verstorbenen Vater angedeihen lassen. Das geschieht schön und gut, die Mutter von Yasha, die ihn als Kind verlassen hat, taucht kurzfristig auf und ist als chice Gillian Anderson zu erkennen.
Frances und Yasha nähern sich an, und am Ende sind beide wieder in New York. Ihre Schwester heiratet, ihr Vater, der seine Frau eingebüßt hat, hält eine sentimentale Rede („Meine Frau war das einzige auf der Welt, das mich mein Elend ertragen ließ“) – und das war es dann. Wie es weiter geht? Will man es wissen?
Es ist eine lockere Komödie über eine schrullige, sehr jüdische junge Künstlerin, an deren Talent man allerdings nicht so recht glauben kann, wenn sie ihr Nacktmodell in blauen Linien konterfeit. Herz, Schmerz, Satire und Wikinger Hautgout – eine milde Mischung.
 
 
Renate Wagner