Die Zärtlichkeit der Wölfe

Sven Michaelsen - „Sie sind wohl übers Ufer getreten, Sie Rinnsal!“

von Frank Becker

Die Zärtlichkeit der Wölfe
 
Was Künstler über Künstler sagen –
ein Kompendium der Boshaftigkeiten
 
Sie haben mit Genuß Georg Hensels „Theaterskandale und andere Anlässe zum Vergnügen“ gelesen? Jörg Drews´ Sammlung von Kollegenschelten „Dichter beschimpfen Dichter“ hat Ihnen diebisches Vergnügen bereitet? Die Kolumnen in der Münchner Abendzeitung von „Hannes“ Obermaier alias Hunter und die seines Nachfolgers Michael Graeter, die in dessen „Lexikon des Klatsches“ flossen, waren und sind Ihnen Elixir der täglichen kleinen Schadenfreude? Da hätt´ ich was für Sie: „Sie sind wohl übers Ufer getreten, sie Rinnsal!“ – ein Kompendium der Überheblichkeiten, Gemeinheiten, Beleidigungen, Boshaftigkeiten, peinlichen Wahrheiten und bösen Bloßstellungen, gesammelt von Sven Michaelsen. Der Stern-Reporter und SZ-Kolumnist hat in zahllosen Interviews Schriftsteller und Philosophen, Schauspieler und Musiker, Theater-Intendanten und Regisseure, bildende Künstler und Groupies, Selbstverliebte und Maniacs, Egomanen und Erotomanen über Kolleginnen und Kollegen, andere jeglicher Couleur und nicht zuletzt über sich selbst ausgequetscht … und ist dabei zu erstaunlichen Geschichten gekommen.
 
Wie man mit und gerne auch ohne Stil kränkt, scheinen Prominente, Semi-Prominente und unwichtige Randfiguren, die sich für prominent halten, mit der Muttermilch – oder waren es Champagner, Wodka und Whisky Sour? – aufgesogen zu haben. So viel schadenfroh meist gezielt ausgeplauderte Indiskretionen, so viel späte Rache, Häme, bittere Bettgeschichten und ungezügelten Haß  findet man selten zwischen zwei Buchdeckeln. Das geht von intellektuellen Scheingefechten bis weit unter die Gürtellinie – bitte nehmen Sie das durchaus wörtlich. „Vornrum schöntun und hintenrum meucheln: Wenn die Stars unserer Kultur sich in den Haaren liegen, wird mit einer natterzüngigen Finesse verletzt, die ihresgleichen sucht“, schreibt der Verlag trefflich dazu, denn genau das ist es. Sie möchten hier Auszüge/Beispiele lesen? Oh nein, hier wird nicht gespoilert – lesen Sie selbst.

Zu Wort und zum Zug kommen neben vielen weiteren: David Hockney, Peter Sloterdijk, Vivienne Westwood, Jeff Koons, Woody Allen, Alexander Kluge, John Updike, Friedrich Dürrenmatt, Robbie Williams, Jonathan Meese, Roman Polanski, Helmut Newton, Frank Gehry, Ruth Klüger, Peter Handke, Daniel Kehlmann, George Tabori, Martin Mosebach, Ulli Lommel,  Margarete Mitscherlich, Steven Spielberg, Karl Lagerfeld, Helmut Berger, Robert Wilson, Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog, Marcel Reich-Ranicki, Julian Schnabel, Martin Walser, Plácido Domingo, Mario Adorf, Christian Thielemann, Rudolf Nurejew, Alice und Ellen Kessler, Armin Mueller-Stahl, Luc Bondy, Alexander McQueen, Hannelore Hoger, Ken Follett, Anjelica Huston, Walter Kempowski, Fritz J. Raddatz, Inge Feltrinelli, Peter Ustinov, Siegfried Unseld, Peter Zadek, Kirk Douglas, Bertolt Brecht, Robert Gernhardt, Wolf Wondratschek, Gert Voss, Tomi Ungerer und Donatella Versace.
Einen Index zum gezielten Auffinden von Namen und Gemeinheiten, Skandalen und Demütigungen gibt es nicht. Man muß eben – und das fällt nicht schwer – das ganze Buch von vorne bis hinten lesen. Das ist zwar auch ein bißchen Voyeurismus, macht aber, zumindest mir (mea culpa!) einen Heidenspaß. Allerdings, das will ich nicht unterschlagen, ist es auch reich an liebenswerten Anekdoten und klugen Bekenntnissen wie z.B. denen von Joachim Kaiser.
 
Sven Michaelsen - „Sie sind wohl übers Ufer getreten, Sie Rinnsal!“
Lästern und lieben wie die Meister
© 2021 Piper Verlag, 224 Seiten, Hardcover – EAN: 978-3-492-07070-6
18,- €
Weitere Informationen: www.piper.de