René Hubert: Kleider machen Stars

Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich

Red.

Rene Hubert - Blick in die Ausstellung © Museum für Gestaltung Zürich

René Hubert: Kleider machen Stars
 
Bis 20. Juni 2021 im Museum für Gestaltung Zürich
– Schaudepot
 
Das Museum für Gestaltung Zürich präsentiert erstmals das Werk von René Hubert: Im klassischen Kino der 1920er- bis 1960er-Jahre gehörte der Schweizer zur Crème de la Crème der Kostümbildner in Hollywood und Europa.
 
Während vier Jahrzehnten prägte René Hubert (1895–1976) gegen 200 Filme und kleidete Persönlichkeiten wie Ingrid Bergman, Marlon Brando oder Gloria Swanson ein – aber auch den Kinderstar Shirley Temple. Das Markenzeichen des gebürtigen Ostschweizers war Opulenz und Glamour. Damit ließ er die Stars umwerfend aussehen, was deren Marktwert erheblich steigerte. Der außergewöhnlich vielseitige Gestalter entwarf zudem für Musicaltheater und Modehäuser und erhielt mit zunehmendem internationalem Renommee bedeutende Aufträge in der Heimat, etwa für die Landesausstellung 1939 oder die Swissair. Die Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich zeigt zum ersten Mal René Huberts Lebenswerk und bringt dafür seine Originalkostüme mit entsprechenden Filmausschnitten und inszenierten Film Stills zusammen. Ergänzt durch Werkfotos und Entwurfszeichnungen gibt die Schau zudem Einblick in die Ateliers und Arbeitsweisen der Kostümbildner zwischen Kunstgewerbe und Industrieproduktion.
 

René Hubert, Filmkostüm für Gloria Swanson in The Love of Sunya, US 1927,
Museum für Gestaltung Zürich, Kunstgewerbesammlung © Anonym

Nach einer Ausbildung als Stickereizeichner in St. Gallen studierte René Hubert Malerei in Paris und begann daraufhin Kostüme für Music-Halls zu entwerfen. 1924 wurde er für einen Film engagiert, in dem mit Gloria Swanson einer der größten internationalen Stars die Hauptrolle spielte. Nach dem Ende der Dreharbeiten nahm sie ihn als privaten Mode- und beruflichen Kostümdesigner mit nach Hollywood und lancierte damit seine Karriere im Filmgeschäft. Für ihre Rolle in „The Love of Sunya“ (1927) entwarf er ihr ein Abendkleid mit markanten Schlitzen am Rocksaum, die als „Hubert Splits“ in die Filmgeschichte eingingen.
 

René Hubert, Musicalkostüme für Madge Elliott und Edna Best in Cinderella, Coliseum Theatre London,1936,
Museum für Gestaltung Zürich, Kunstgewerbesammlung © Anonym

Die Filmstudios in Hollywood statteten ihre Kostümateliers gut aus, denn die Kleidung der Stars beeinflußte den Erfolg an der Kinokasse. Die siebenjährige Shirley Temple konnte gar zur bestverdienenden Schauspielerin avancieren, weil sich ihre Kostüme – darunter Entwürfe von René Hubert für „Curly Top“ (1935) – teils zu Hunderttausenden als Kinderkleider verkauften und entsprechende Tantiemen einbrachten. Für historische Filme peppte René Hubert die Kostüme gerne mit zeitgenössischen Elementen auf, etwa für Marlene Dietrich in „The Flame of New Orleans“ (1941) oder für Vivien Leigh und Laurence Olivier in „That Hamilton Woman“ (1941). Gestalterische Kniffe erforderte dabei die ab 1934 geltende Selbstzensur, etwa bei stilgeschichtlich eigentlich unabdingbaren tiefen Dékolletés. Für Alfred Hitchcocks noch heute aktuelles Weltkriegsdrama „Lifeboat“ (1943) wiederum, das den Überlebenskampf im Rettungsboot eines zerstörten Atlantikdampfers zeigt, dienten seine Kleiderentwürfe der sozialen und politischen Einordnung der Filmfiguren.
 

René Hubert, Kostüme für Anthony Quinn und Ingrid Bergman in The Visit, 1964, Collection Cinémathèque Suisse © Anonym

In der Filmwelt war kaum jemand so intensiv auf beiden Seiten des Atlantiks präsent wie René Hubert, der zwischen den Anstellungen in Hollywood jeweils ein bis zwei Jahre in Paris und Berlin wirkte. Hier hatte der Realismus einen hohen Stellenwert: Für das deutsche Melodrama „Asphalt“ (1929) entwarf er nahe an Alltagskleidern gehaltene Kostüme und für „À nous la liberté“ (1931), René Clairs Satire auf die modernen Lebens- und Arbeitsbedingungen, Analogien von Gefängnis- und Fabrikkleidung. In den späten 1930er-Jahren dann arbeitete er für Musicaltheater und Filmstudios in London. Dort entstanden fantastische, die Antike nachahmende Kostüme für „Things to Come“ (1936), einem der stilbildendsten Science-Fiction-Filme. Nun wurde René Hubert auch in der Heimat anerkannt: Das Modetheater an der Schweizerischen Landesausstellung 1939 zeigte eine Revue mit Gesang und Tanz als Leistungsschau der Textilhersteller, für die er zwischen mondän und zurückhaltend changierende Kleider entwarf.
In den 1950er-Jahren hatte im Film die Farbe das Schwarzweiß weitgehend ersetzt. Die nächste Neuerung war das Breitformat „Cinemascope“, mit dem sich Hollywood vom aufkommenden Fernsehen abgrenzen wollte. Bildwirksame Massenszenen erforderten nun mehr Figuren, wodurch sich der Kostümaufwand vergrößerte. René Hubert hatte sich zu diesem Zeitpunkt von den USA verabschiedet, wohl auch aufgrund des kulturellen Klimas der McCarthy-Ära, in dem er sich als homosexueller Mann zunehmend unwohl fühlte. Für einzelne Prestigefilme wie „Désirée“ (1954) kehrte er aber nochmals zurück. Seit 1949 gab es einen eigenen Oscar für Kostümdesign und nun wurde René Hubert sowohl für „Désirée“ als auch für seinen letzten Film „The Visit“ (1964, nach Friedrich Dürrenmatt) nominiert.
 

René Hubert, Deux-Pièces aus Piquéstoff und Samt für die Textilfirma Stoffel, 1955,
Museum für Gestaltung Zürich, Kunstgewerbesammlung © Anonym

Die Rückkehr in die Schweiz fiel René Hubert umso leichter, als ihn die aufstrebende Swissair 1950 zu ihrem Hausdesigner machte. Mit Himmelblau, Wolkenweiß und Schweizrot gab er dem Interieur des ersten Langstrecken-Jets „DC-8“ eine bemerkenswerte Frische. Komplementär zu den Flugzeugen entwarf er drei aufeinander folgende Kollektionen von Uniformen der Bordhostessen. Huberts letztes Werk war die eine Swissair-Kollektion, zu der ein Tropenkleid aus damals modernen, knitterfreien Kunstfasern gehörte.
Der Nachlaß von René Hubert befand sich im Besitz des Sammlers Rolf Ramseier. Nun hat das Museum für Gestaltung Zürich sämtliche Objekte zu den Themen Bühne, Mode und Innenausstattung in seine Sammlung übernommen, während die Filmobjekte mit wenigen Ausnahmen an die Cinémathèque Suisse übergegangen sind.


R. Hubert, First Class Lounge der DC-8 der Swissair, 1960, ETH-Bibliothek Zürich, BildarchivStiftung Luftbild Schweiz © Anonym

René Hubert: Kleider machen Stars
19. März bis 20. Juni 2021
Museum für Gestaltung – Schaudepot
Toni-Areal, Pfingstweidstrasse 96 - CH - 8005 Zürich