Ein wenig anders

Rudolf Schäfer - Aktfotografie 1972-2019

von Frank Becker

Ein wenig anders
 
Rudolf Schäfers Akt-Perspektiven
 
In der 2014 erschienenen Retrospektive des auf die Aktfotografie der DDR spezialisierten Verlags Bild und Heimat „Akt in der DDR“ hatte Rudo Schäfer bereits mit drei Bildern eine Nische gefunden. Nun war es an der Zeit, ihm einen Einzelband der Reihe zu widmen, die bereits Arbeiten von Gerd Rattei, Angelika und Frank Schenke, Heidi Vogel-Hennig und Norbert Vogel, Joachim Kirchmair, Klaus Fischer und Michael Lebed gewürdigt hat.
 
Bekannt wurde Rudolf Schäfer (*1952) nach verschiedenen artverwandten Tätigkeiten als Fotograf zunächst durch seine Serie Berliner Stadtlandschaften, international anerkannt 1989 mit seinen Totenportraits in dem Band „Der ewige Schlaf – visages de morts“. Akt hat er seit Beginn der 1970er Jahre immer wieder fotografiert, liest man, zunächst für die in der DDR sehr begehrte Monatszeitschrift „Das Magazin“, die das Sprungbrett für einige der heute bekannten Aktfotografen war. 1977 zeigte er seine erste reine Aktfotoausstellung im »Theater im Palast« in Berlin. Nach seinem Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst 1983 wurde die Fotografie sein zentrales Thema. Bekannt auch sein zärtlich frivoles Buch „Zizi und Kiki und andere Sonntagsbilder“ (1993) in der „Rapunzel“-Tradition von Peter-T. Schulz.

Rudolf Schäfer hat neben der durchaus traditionellen Aktfotografie für viele seiner Bilder  neue, anspielungsreiche Blickwinkel gefunden, originelle Bildausschnitte gewagt und durchaus witzige Perspektiven gewählt, womit er eine gewisse Alleinstellung besetzt und einen eigenen Begriff von Ästhetik dokumentiert. Da ist zum Beispiel das Wangengrübchen des Aktmodells entscheidender als seine Nacktheit (S. 53), offeriert das scheinbar schüchterne Modell auf Seite 24 in deutlicher Geste ganz unverblümt seinen Schoß und verbirgt auf Seite 70 ein Mädel seine Blöße vor Kamera und Außenwelt – allerdings dem neugierigen Blick eines Hundes ausgesetzt. Ästhetische Klassiker, welche die Schönheit des vollendeten jungen weiblichen Körpers feiern, finden wir u.a. auf den Seiten 8, 22 und 36 – und der berückende Torso auf Seite 69 ist eine Hommage an die klassische Aktmalerei, den wir nur an Courbet, Goya, Cabanel oder Valloton. Schauen Sie sich unsere kleine Auswahl an:
 

©  Rudolf Schäfer (S. 53)


©  Rudolf Schäfer (S. 24)


©  Rudolf Schäfer (S. 70)


©  Rudolf Schäfer (S. 8)

Das Buch weist leider nicht nach, wann welches der unbetitelten Fotos entstanden ist, so läßt sich kaum nachvollziehen, welche Entwicklung der Fotograf während der DDR-Zeit und dann nach 1990 genommen hat. Aber es ist ein wichtiger Beitrag zur Dokumentation der Aktfotografie in der DDR.
 

©  Rudolf Schäfer (S. 69)

Rudolf Schäfer - Aktfotografie 1972-2019
Mit einem Vorwort von T.O. Immisch
© 2021 Verlag Bild und Heimat, 80 Seiten, gebunden – ISBN: 978-3-95958-286-5
9,99 €

Weitere Informationen:  www.bild-und-heimat.de