Klaus Ender †

Der populäre Fotograf starb am 18. März

von Gabriela Ender

Klaus Ender - Foto © Gabriela Ender

Klaus Ender –
ein Leben für die Poesie in Wort und Bild
 
Der populäre Fotograf starb im Alter von 81 Jahren
 
In seinem Geburtsjahr 1939 wurde die Erfindung der Fotografie 100 Jahre alt. War es Zufall oder Fügung? Klaus Ender wußte es nicht, aber er widmete sein Leben der Fotografie. 1960 wurde er Mitglied des Kulturbundes der DDR. Darin fand er eine Basis, um für die Öffentlichkeit tätig zu werden. Den Beruf Fotograf konnte er nicht erlernen, weil er auf dem linken Auge fast keine Sehkraft hatte. Ihm blieb nur übrig, seinen Berufswunsch freiberuflich zu verwirklichen. 1962 landete er in Thiessow auf Rügen, um dort als Bäcker in der Saison zu arbeiten. Er wurde erstmals mit FKK konfrontiert und schon seine ersten Bilder verblüfften die Fachleute. 1964 wurde er Volkskorrespondent (VK) der Ostseezeitung, gründete den Fotoclub Sassnitz und sein Archiv mit den Themen Akt und Landschaft. 1 Jahr später publizierte er bereits in drei Heften der Zeitschrift Das Magazin seine Aktbilder. 1966 erhielt er seine Zulassung als Bildreporter. Von da an ging es steil aufwärts, weil er der Fotografie ein etwas anderes Gesicht gab. Sein Stil wurde unverwechselbar. Durch behutsames Herangehen an dieses Genre gewann er auch die Bildredakteure von „Neues Leben“, „Eulenspiegel“, „Armeerundschau“, „Für Dich“, NBI und weiterer 40 Verlage. Für „Das Magazin“ arbeitete er 10 Jahre. http://www.klaus-ender.de/pics/das_magazin_06_2007.pdf
Mit dem preigekrönten Foto Die Woge" schaffte Klaus Ender endgültig den Durchbruch.


Klaus Ender „Die Woge" © Gabriela Ender

Er traf mit seinem Stil aber auch den Geschmack des DDR-Publikums. So initiierte er 1975 die erste und größte Aktausstellung in der DDR. Da ein Team in der ehemaligen DDR alles war, gewann er mit großer Überzeugungsarbeit seinen Fotofreund Gerd Rattei als Mitstreiter. Die Ausstellung „Akt & Landschaft“ wurde ein riesiger Erfolg. Als Wanderausstellung ging sie durch die gesamte Republik und wurde von über 100.000 Menschen besucht. 1979 wurde sie öffentlich unter diesem Titel ausgeschrieben, so daß sich jeder Fotograf daran beteiligen konnte. Klaus Ender war der erfolgreichste Fotograf dieser Ausstellung. Auf „Akt & Landschaft“ wurde sogar die westliche ARD aufmerksam und berichtete in den Tagesthemen darüber, wenn auch mit der üblichen Arroganz des Westens (Lutz Lehmann: „Wenn auch nur wenige Arbeiten das von der DDR angestrebte Weltniveau erreichen.“).
 
In der beliebten Serie „Außenseiter – Spitzenreiter“ wurde Klaus Ender porträtiert. Er erhielt ca. 60 Auszeichnungen, darunter die Ehrennadeln der Fotografie in Bronze, Silber und Gold und wurde mit dem internationalen Ehrentitel Artiste FIAP ausgezeichnet. 
1981 verließ er die DDR und übersiedelte nach Österreich (sein Vater war Österreicher). Mit diesem Weggang wurde er für die DDR zur Persona non grata. Der Film des zweiten DDR-Fernsehens „Ein Mann, der Bilder fühlt“ wurde vernichtet. Sein Buch „Mein Modell“ hatte noch 5 Auflagen mit 95.000 Exemplaren erreicht, bevor auch dieses vom Markt genommen wurde. Diese Anzahl entsprach in etwa den gesamten registrierten Fotofreunden der DDR.
 
Mit 42 Jahren begann seine Arbeit in Österreich. 1982 erhielt er vom Ministerium für Unterricht und Kunst in Wien die Einstufung „Bildender Künstler der Fotografie“. Es folgten harte Jahre, bevor er wieder zu den renommiertesten Fotografen gehörte. 12 Bücher erschienen in Österreich, Deutschland, Brasilien und Argentinien, über 100 Fotokunstkalender, CD-Cover, Kunst­post­karten, Photo-CDs und Fachartikel. Er machte Workshops für renommierte Zeitschriften wie COLOR FOTO. Sein Buch „Filtertechnik – Filterkunst“ wurde zum Standardwerk der Filterfotografie.
Über 10 Jahre arbeitete für den Tourismusverband in Österreich und errang (als 2. Mal in der 100-jährigen Geschichte des Vorarlberg-Tourismus) den 1. Preis im „Tourism Poster of the Year“ 1989 beim World Travel Market in London. Es war auch der einzige Preis, der nach Europa ging. Von allen Computerzeitschriften der BRD wurde seine Photo-CD-Serie ARTS ON DISC mit „ausgezeichnet“ bewertet. Auf dem Gebiet der Classic-CDs schuf er über 100 Cover, die bis Janpan vertrieben wurden. Sein Buch „Lichtblicke“ erreichte eine Auflage von 90.000 Exemplaren und erschien am 9. 11. 1989. Er veranstaltete Ton-Dia-Überblendschauen in Österreich und Deutschland zu verschiedenen Themen.
 
Nach seiner Rückkehr zur Insel Rügen 1996 bebilderte er allein im Verlag Herder (Basel, Freiburg, Wien) über 120 Geschenkbücher mit einer Gesamtauflage von 1,5 Millionen in Deutschland vertriebenen Exemplaren. Internationale Firmen warben mit seinen Bildern, darunter: Cokin/Paris, B+W, Hama, Zeiss, Metz, Minox und Leica. Der Leica-Konzern führt Klaus Ender im Firmen-Bildband zu seiner 75-jährigen Geschichte unter den 200 weltbesten Leica-Fotografen.
 
Seine Parkinson-Erkrankung war für ihn der Anlaß, sich auf sein zweites künstlerisches Talent – das Dichten – zu besinnen. Seit dem hat er ca. 2.000 Gedichte und ebenso viele Aphorismen geschrieben. Um völlig unabhängig zu sein, gründete er mit seiner Frau Gabriela 2002 einen eigenen Verlag. Im Art Photo Verlag Klaus Ender erschienen mittlerweile 16 Bücher – von Gedicht- und Aphorismus-Bildbänden über vier Aktbücher bis hin zu seinem persönlichen Favoriten „Nackt zwischen Dornen“, in dem er auf sein  Lebenswerk zurückschaut und Bilanz zieht.
Er beschreibt das Leben eines Freiberuflers, der ohne Protektion, ohne Hochschul-Abschluß, ohne Parteibuch, ohne Lobbyisten und ohne Seilschaften auskam. Er führte ein Leben abseits von Verbänden oder Vereinen, das erschwert wurde durch seinen Status als reiner Autodidakt.
Gesellschaftskritisch und mit der ihm eigenen Ironie nimmt er die menschlichen Schwächen und vor allem die Politik aufs Korn. Daß er oft zum Verteidiger der wehrlosen Natur wurde, den respektlosen Umgang mit ihr anprangerte und Fehlentwicklungen aufzeigte, bescherte ihm viele Gegner. Trotzdem würde er diesen Weg immer wieder gehen. (s. www.sorgenkind-ruegen.de).
In seiner Autobiografie „Die nackten Tatsachen“ legt er sein Leben schonungslos offen – ein bewegtes und bewegendes Leben.
 
2009 hat das Online Kulturmagazin Musenblätter mit ihm Kontakt aufgenommen, veröffentlicht seitdem regelmäßig Klaus Enders Fotos und wird es auch in Zukuft tun. Auch sein erfolgreiches Buch „Akt mit Takt“, 1997 im Verlag Resch zusammen mit Hansgeorg Stengel (Verse) wurde in den Musenblättern vorgestellt und später dort als Serie veröffentlicht.

In den letzten Jahren hat sich Klaus Ender auch als Dichter und Aphoristiker einen Namen gemacht.
In seinen Gedicht-Bildbänden verarbeitet er sämtliche Themen des menschlichen Lebens – von der Liebe über das Glück oder das Älterwerden bis hin zur Trauer. Für viele Menschen sind seine Bücher mit den tiefsinnigen Gedichten und treffenden Aphorismen Freude und Lebenshilfe zugleich. Fotografisch blieb er kreativ, machte verschiedene Techniken wie Doppelbelichtungen, Infrarot- oder experimentelle Fotografie.
 

© 1997 Verlag Resch

Seine legendäre Ausstellung „Akt & Landschaft“ ist seit 2006 wieder jährlich präsentiert worden und umfaßt inzwischen 50 Jahre poesievolle Aktfotografie. Nach wie vor ist das Interesse an dieser Ausstellung beim Publikum groß. Daher wird sie auch in den nächsten Jahren zu sehen sein. Für 2022 sind 8 Kalender erhältlich (http://www.klaus-ender.de/publikat/kalender.html).
Derzeit ist ein Film über das Lebenswerk von Klaus Ender in Arbeit. Er trägt den bezeichnenden Titel „Wenn Bilder eine Seele haben...“
Auf seinen 4 Homepages (www.klaus-ender.de) sind weit über 5.000 Bilder zu betrachten und unzählige Aphorismen und Gedichte zu lesen (www.klaus-ender.com). Dazu kommen ca. 7.000 Akt- und Landschaftsbilder auf seiner Seite bei Europas größter FotoCommunity https://www.fotocommunity.de/user_photos/1005067. Seiner Insel Rügen widmete er eine eigene Page www.ruegen-bild.com.
 
Das Sehen war nicht nur seine Stärke – es war sein Leben. Mit 81 Jahren erlitt er einen Augen­infarkt, der zur Erblindung führte. Ihm war damit alles genommen, was sein Leben ausgemacht hatte. Seine Parkinsonerkrankung ist weiter fortgeschritten, so daß jeder Tag für ihn nur noch ein Kampf war. Bei derart übermächtigen Gegnern machte er kurz vor seinem 82.Geburtstag das, was er noch nie in seinem Leben tat – er hörte auf zu kämpfen.
Mit dem Tod von Klaus Ender ist die Welt der Poesie ärmer geworden.
 
Klaus Ender (AFIAP)
Bildender Künstler der Fotografie, Dichter, Aphoristiker, Autor
* 2. April 1939 † 18. 03. 2021
 
Redaktion: Frank Becker