Galaabend der Metropolitan Opera

im Großen Saal der Historischen Stadthalle Wuppertal

von Johannes Vesper

© Metropolitan Opera New York / Historische Stadthalle Wuppertal - Scereenshot: Johannes Vesper

Galaabend der Metropolitan Opera
im Großen Saal der Historischen Stadthalle Wuppertal

20.000 verkaufte Tickets für das Konzert
mit Piotr Beczała und Sondra Radvanovsky
 
Die Metropolitan Oper New York konnte wegen der Corona-Pandemie in dieser Spielzeit nicht öffnen und spielen, wohingegen die Oper Wuppertal die Spielzeit im Oktober immerhin noch mit einer umjubelten „Zauberflöte“ begonnen hat. Seit Sommer 2020 präsentiert sich nun die Met mit ihren führenden Sängerinnen und Sängern an besonderen Orten in den USA und Europa („Met Stars live in concert“). Gestern waren in Wuppertal bei einem Gala-Opernkonzert Piotr Beczała und Sondra Radvanovsky im livestream zu hören. Der Abend wurde auf der Webseite der Met live aus dem Großen Saal der Historischen Stadthalle übertragen und wird bis zum 5. Februar abrufbar bleiben. Zu Beginn sang Frau Radvanovsky aus Verdis „Macht des Schicksals“ „Frieden, Frieden“ aus der Mitte des abgedunkelten, grandiosen Saals, der durch 5-armige Stehkerzenleuchter etwas erhellt wurde. Das flache Podest, von etlichen Mikrofonen umgeben, bot die Bühne, das Orchester wurde souverän auf dem Steinway-Flügel vom amerikanischen Pianisten Vincenco Scalero ersetzt. Liebe, Leidenschaft, Schicksal, Glück und Katastrophen konnte man bei diesem Livestream musikalisch, darstellerisch bei ausgeprägter Mimik und nur angedeuteter Gestik in faszinierender Weise erleben, auch wenn Bühnenbild und Opernatmosphäre fehlten. Kostüme gab es heute nicht. Das dunkle, schulterfreie Abendkleid und der dunklen Anzug mußten reichen. Der dramatische Sopran von Sondra Radvanovsky ist in der Met seit 25 Jahren in mehr als 200 Aufführungen und knapp dreißig Rollen zu hören. Die Tenorarie „Oh! Fede negar potessi agl'occhi miei“ aus Verdis Luisa Miller klingt natürlich mit großem Orchester doch ganz anders als zum Klavier, aber die Emotionalität und Dramatik waren auch in der Videoschalte durchaus spürbar.


© Metropolitan Opera New York / Historische Stadthalle Wuppertal - Scereenshot: Johannes Vesper

Die beiden Arien für Sopran bzw. Tenor und das traurige Schlußduett aus der Oper „Andrea Chenier“ - das ist der unglückliche verliebte Dichter, der mit seiner Geliebten bei der französischen Revolution auf dem Schafott endete -, rührten auch bei reduzierter Klavierbegleitung. „Ich bringe Unglück, über die, die ich liebe“. „Du wirst den Himmel in meinen Augen finden“: Damit vergessen sich die beiden in blühendem leidenschaftlichem Melos grandioser Italianità. Gemeinsam feiern und begehen sie ihre letzte Nacht („Der Liebesgott wird unseren letzten Atem hören. Unsere Seelen sind durch die Liebe gebunden, wenn der Tod sich nähert im Morgenlicht“), bevor der Henker am Schafott tätig wird.  Dieses Sentiment kam mit der eindrucksvollen Musik 1896 bei der Uraufführung dieses Musikdramas in Mailand so gut an, daß diese Oper von Umberto Giordano bald nach der Mailänder Uraufführung in New York und Breslau nachgespielt wurde. Während einer Pause sah und hörte man Sondra Radvanovsky und Piotr Beczała mit einigen Szenen von Produktionen mit ihnen aus der Met. Piotr Beczała, der aus Polen stammt und seine Karriere in Zürich begonnen hatte, aber auch an den großen Opernhäusern Europas, auch in Bayreuth, zu hören war und ist, bot aus seiner Heimat eine Arie aus der polnischen Nationaloper „Halka“ von Stanisłlaw Moniuszko, uraufgeführt 1858 in Warschau. Diese romantische Oper spiegelt das immer lebendige Nationalgefühl der Polen, die damals den eigenen Staat nach drei Teilungen und dem Wiener Kongreß schmerzlich vermißt haben. Nach dem 2. Weltkrieg und den Nazi-Gräueltaten wurde mit „Halka“ 1945 die Oper Wroclaw eröffnet. Hoch emotional schien auch Sondra Radvanovsky berührt bei ihrem Lied an den Mond aus Dvoraks „Rusalka“ („Silberner Mond du am Himmelszelt, strahlst auf uns nieder voll Liebe“). Gerührt und mit Tränen in den Augen kündigte sie an,  daß sie dieses Lied jetzt für Ihren Vater singe. Mit der Arie des Prinzen und dem Schlußduett aus Rusalka von Antonin Dvorak wurden zum letzten Mal die Gemüter gefordert und Emotionen ausgeschüttet, als der untreue Prinz, zur Sühne bereit, um einen Kuß der märchenhaften Wassernixe fleht, den sie dem inzwischen wieder heiß liebenden auch gewährt. Wohl wissend vom Wassermann und einer Hexe, daß der Prinz dabei sterben würde. So sind eben die die Nixen. Lange Stille nach diesem großartigen Duett. Mit nur virtuellem, gedachtem, also stillem Applaus, Verbeugungen, Handküßchen in Richtung virtuelles Publikum ging nach anderthalb Stunden das Konzert zu Ende.


© Metropolitan Opera New York / Historische Stadthalle Wuppertal - Scereenshot: Johannes Vesper

Den physischen Besuch einer Oper wird ein solches Gala-Potpourri natürlich nicht ersetzen können, trotz eindrucksvoller gesanglicher Kultur und Präsenz sowie einer gekonnten Regie, die übrigens auch bei für die Live-Kino-Übertragungen verantwortlich zeichnet. In der gleichen Reihe, die 2021 jetzt mit diesem Konzert aus Wuppertal begann, wird am 6. Februar Anna Netrebko aus der Spanischen Hofreitschule in Wien zu hören sein. 
 
Weitere Informationen: www.metopera.org