Nähe, Kampf und Leidenschaft

Patagonia Express Trio – „Piazzolla-Ruta 100”

von Johannes Vesper

Aufregende, edle,
höchst authentische Kammermusik

Nähe, Kampf und Leidenschaft (musikalisch)

Mit Leidenschaft, Temperament, Liebe, harten Rhythmen, Musikalität, Kampf, theatralischer Melancholie und Lyrik feiert das Patagonia Express Trio - Oscar Bohórquez (Geige), Claudio Bohórquez (Violoncello), Gustavo Beytelmann (Klavier) - den 100. Geburtstag des argentinischen Tangokönigs Astor Piazzolla (11.03.21021), wobei die Aufnahmen bereits 2017 entstanden. Sozusagen als musikalische Compadres legen sie ein Album mit hinreißender Musik zwischen Tango und Jazz vor. Auf ihren Instrumenten sind die Brüder Oscar und Claudio Bohórquez international bekannte, gesuchte Solisten und Kammermusiker. Ihre Karriere als Instrumentalisten haben sie in Deutschland und Europa begründet. Oscar gab nach Studium in Philadelphia und Wien 2009 sein Debüt als Geiger mit dem London Philharmonic Orchestra. Er spielt auf der G.B. Guadagnini „Grande Dame“ von 1770. Bruder Claudio begann seine Karriere als Schüler Boris Pergamenschikows, spielte erfolgreich auf etlichen internationalen Wettbewerben, erhielt einst den Sonderpreis beim Pablo-Casals-Wettbewerb der Kronberg-Academy, nämlich das Gofriller-Cello des Namensgebers als Leihgabe für zwei Jahre. Aktuell unterrichtet er als Professor an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Beide Brüder sind uruguayischer Abstammung und musikalisch ihrer Heimat und Argentinien eng verbunden, begeistert für den Tango nuevo, sogen sie doch, per Ohr sozusagen, schon als Kinder mit den Schallplatten des Großvaters den Tango auf - und ein.


Gustavo Beytelmann, 1945 in Argentinien geboren, wurde mit 13 Jahren als Pianist in das Tanzorchester aufgenommen, in welchem sein Vater Geige spielte. Nach dem Musikstudium schrieb er Filmmusiken, arrangierte Jazz und Tango, zog nach Paris und musizierte mit Astor Piazzolla auf dessen Europatournee. Seit den neunziger Jahren komponiert er vorwiegend und unterrichtet am Rotterdamer Konservatorium. Auf der CD werden drei von ihm komponierte Stücke geboten: Das Klaviertrio „Ofrenda“ schrieb er 1992, als er vom Tode seines Freundes Piazzolla erfuhr.
Die ersten 7 Stücke auf der CD, die ihren Titel von der legendären transargentinischen Fernstraße „Ruta 100” bezieht, sind Kompositionen Astor Piazollas. Er wurde am 11.03.1921 in Mar de la Plata (Argentinien) geboren, wuchs aber in New York auf, wo sein Vater glaubte, als Friseur erfolgreicher arbeiten zu können. Später kehrte nach Argentinien zurück, nachdem er schon als Kind von der Tangobegeisterung seines Vaters angesteckt worden war. Und den Tango, jene Mischung aus gauchesker, indigener Musik und Einflüssen europäisch-amerikanischer Musik in Folge der massenhaften Einwanderung im 19. Jahrhundert, brachte Astor Piazolla nach seinem Kompositionsstudium bei Nadja Boulanger in Paris aus den Bars, Bordellen und Clubs in die Konzertsäle, mischte den ursprünglichen Tango mit Elementen moderner Musik und „traurig getanzte Gedanken“ mit „seinen fröhlicheren Schwestern“, den Milongas. Die drei Titel aus Gustavo Beytelmanns Feder folgen, bevor das Album mit seiner Tangoversion des berühmten Jazz-Standards „Caravan“ endet, der stets Duke Ellington zugeschrieben wird - jedoch ist Ellingtons Posaunist Juan Tizol der Urheber.
Aufregende, edle, höchst authentische Kammermusik! Im informativen Beiheft finden sich Beiträge der Brüder Bohórquez und Informationen zur Musik (Deutsch und Englisch) von Diego Fischerman.
 
Patagonia Express Trio – „Piazzolla-Ruta 100”
Claudio Bohórquez (Violoncello) - Oscar Bohórquez (Violine) - Gustavo Beytelmann (Klavier)
© 2020 Berlin Classics / Edel Germany GmbH
 
Stücke: Astor Piazzolla (1921-1992): 1-4. Las Ciatro Estaciones Portenãs - 5. Le Grand Tango (für Violine und Klavier) - 6. Milonga en re - 7. La Muerte del ángel
Gustavo Beytelmann (*1945): 8. Ofrenda - Homenaje á Astor Piazolla - 9. Baõada (Für Violine und Klavier) -10. Tango (für Violine und Klavier) - 11. Juan Tizol / Duke Ellington (1899-1974) Caravan (arr. G. Beytelmann).
Gesamtzeit: 70:08
 
Weitere Informationen: www.berlin-classics-music.com
 
Redaktion: Frank Becker