Provokation als Methode

Olaf Martens – „Nacktes Leben“ - Aktfotografie 1983 bis 1991

von Frank Becker

© 2020 Mitteldeutscher Verlag / Foto © Olaf Martens 
Provokation als Methode
 
Verzicht auf Ästhetik als Prinzip
 
Was Olaf Martens (*1963) in der DDR während seines Studiums an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig  und in den Jahren danach bis in die Nach-Wende-Zeit auf die Platte bannte, fiel zu diesen sozialistisch muffigen Zeiten völlig aus dem Rahmen. Experimentelle, provokante Akt-Fotografie, die nicht nur durch die Wahl von Ort, Modellen und Ausstattung in eine neue Richtung ging, die auch durch den bewußten Verzicht auf adäquate Ausleuchtung und herkömmliche Ästhetik auf sich aufmerksam machte. In Bild-Perspektive, Licht, Einsatz von (auch mal rutschenden) Strümpfen, Strapsen, Miedern, Schuhen, Fetisch-Accessoires und Fernsehgeräten an ungewohnten Orten, in Abbruchhäusern, Kellern und auf Dächern der verfallenden DDR, die heute teils als „Lost Places“ bezeichnet werden, schuf Martens seine teils ungemein witzigen, oft aber auch kryptischen Tableaus. Auch der Einsatz von Farbfotografie unterschied ihn von seinen Kollegen in der DDR, die überwiegend und erfolgreich auf ästhetische schwarz/weiß-Fotografie setzten.
 
Da zeigen sich Anklänge an Bunuel, Peter H. Fürst, Günther Gueffroy und Jan Saudek und Ideen des spätere Ed Fox kündigen sich in Bildern mit starken oder ausgelieferten Frauen an. Männer sind Beiwerk, Schönheit ist Nebensache.
Der jetzt vom Mitteldeutschen Verlag vorgelegte Band „Nacktes Leben“ zeigt eine umfangreiche Auswahl aus Martens’ frühem Werk der achtziger Jahre und den ersten Jahren nach der Wende. Martens „erspielte mit Freunden, Bekannten und Modellen Situationen und Bilder von Einzelnen, Paaren, Gruppen. Die Spielorte waren Wohnungen, Treppenhäuser, leer stehende Bauten oder draußen im Freien, tags oder nachts“, schreibt der Verlag treffend dazu.
 

Foto © Olaf Martens

Ob´s gefällt, liegt wie so oft im Auge des Betrachters. Bedauerlicherweise steht nur eine begrenzte und in meinen Augen nicht unbedingt aussagekräftige typische Auswahl an Bildern zur Veröffentlichung zur Verfügung.
 

Foto © Olaf Martens


Foto © Olaf Martens

Olaf Martens – „Nacktes Leben“ - Aktfotografie 1983 bis 1991
Herausgegeben von T. O. Immisch - Mit einem Text von Elena Polomoshnova
© 2020 Mitteldeutscher Verlag, 160 Seiten, gebunden, 21 × 26 cm, Farbabbildungen -
ISBN 978-3-96311-179-2 
28,- €

Weitere Informationen: www.mitteldeutscherverlag.de/