Dat dat dat darf…

Beethoven in Fakten und mit Humor (7)

von Konrad Beikircher
 
Konrad Beikircher - Foto © Frank Becker
Dat dat dat darf…
 
Beethoven in Fakten
und mit Humor (7)

Von Konrad Beikircher
 
 
„Beethoven war so taub,
daß er sein Leben lang dachte, er malt“
(anonymer englischer Musiker, 19. Jahrhundert)
 

Frauen (1)
 
Und doch gibt es da das ein oder andere zu entdecken. Er war tatsächlich ein kleiner Schwerenöter, seinem Testosteron immer wieder ausgeliefert, nur: damals war nicht die Zeit wie im Rokoko, wo man dies alles einfach so hätte ausleben können - falls man von Adel war. Ein göttlicher Einfall wie der von Rousseau, bei Tisch die Muschis der Damen sich miteinander unterhalten zu lassen, wäre 1802 nicht mehr veröffentlichbar gewesen, es sei denn, unter dem Ladentisch.
 
Die „Neue Prüderie“ war angesagt (so hätte es wohl Der Spiegel geschrieben, hätte es ihn damals gegeben), das Leiden an der Liebe – ich sage nur: Novalis, der Weltmeister im „An der Liebe leiden“ – und damit wurde ein neues Zeitalter eingeleitet. Seit dieser Zeit kommt nur noch die Liebesheirat in Frage, die „Vernunftehe“, die vielleicht nicht schön war aber oft ein Leben prima gehalten hat, geriet ins Hintertreffen und der Blütenkranz der reinen Liebe wurde hoch gehängt bis auf das Dach der Gartenlaube (falls Sie sich noch an diese unerträglich kitschigen Liebesgeschichten erinnern, die in der „Gartenlaube“ abgedruckt waren, der Seim von Enrica von Handel Mazzetti oder eben das, was wir im TV in den Hals gedrückt bekommen: Rosamunde Pilcher oder das Traumschiff oder oder). Beethoven war also wie alle damals (und oft genug auch heute) zwischen Skylla und Charibdis, die beiden Felsen, welche die Meerenge von Messina ausmachten, durch die Odysseus steuern mußte und die ein Sinnbild waren für genau diesen Konflikt: die hehre Liebe und ihre körperlichen „Schattenseiten“, wie uns die Franziskaner im Religionsunterricht erzählten. Daß beides zusammengehört, war damals nicht wirklich im Fokus. Beethoven hat zeitlebens darunter gelitten, daß er die hehren Ideale nicht leben konnte, aber da sind wir schon mitten drin. Ludwig und die Frauen!
 
Ich meine: Pockennarben, aufbrausendes Temperament, Jähzorn, braune Hautfarbe, der „Spagnol“, eine geradezu animalische Ausstrahlung, die ihm viele Männer geneidet haben (auch Wegeler, meine ich, siehe oben! Diesem Spruch spritzt ja der Neid aus allen Poren!) – wir wissen, wo das her kommt: Testosteron ohne Ende. Nur: da müßte ich gar nicht auf das Leben schauen: der letzte Satz der Mondscheinsonate langt. Hinhören und du weißt Bescheid! Die Mondscheinsonate ist ohnehin DIE Testosteron-Hymne schlechthin: das Tempo steigert sich von Satz zu Satz, den wundervollen zweiten Satz brauchen wir zum Herzen-Erobern und der ungestüme, unglaublich drängende dritte Satz – ich sehe, Sie wissen Bescheid!
Beethoven war also zeitlebens kein Kind von Traurigkeit. Schon in Bonn hatte er so einige Herzen gebrochen: Eleonore von Breuning (da hat er, glaube ich, gar nicht mitbekommen, daß er ihr Herz gebrochen hatte, das merkte er erst Jahrzehnte später) und vor allen Dingen Magdalena Willmann, ein „Stimmphänomen“, wie die „Musik in Geschichte und Gegenwart“ schreibt, Sopranistin.
Sie ist die einzige, die wahre, the one and only Braut von Ludwig van Beethoven!
Na, ist das der Hammer? Haben Sie das gewußt? Beethoven? Verlobt? Ja, Jubel und Tusch, es stimmt. Magdalena Willmann!
Ludwig lernte sie in Bonn kennen, wo sie ihre Stimmausbildung erhielt und sang, während Ludwig unten im Graben die Bratsche hobelte und alle Augen auf die Schöne gerichtet hatte. Alexander Weelock Thayer schreibt so:
„Der Leser wird sich aus dem ersten Bande erinnern, daß die schöne, talentvolle und wohl ausgebildete Magdalene Willmann eingeladen worden war, in Venedig während des Karnevals von 1794 zu singen, und daß sie in dem vorhergehenden Sommer mit ihrem Vater Max und seiner zweiten Gattin aus Bonn abgereist war, um jenem Engagement zu folgen. Nachdem sie Venedig verlassen, gab sie am 30. Juli (nach dem Berichte der Rheinischen Musen) ein Konzert in Graz und reiste hierauf nach Wien. Max und seine Gattin wurden von Schikaneder engagiert und blieben in Wien, während Magdalene nach Berlin ging. Da sie dem dortigen Opernpublikum nicht gefiel (im Musiklexikon von Ernst Ludwig Gerber steht, daß die Berliner ihre „wundervollen, tiefen Töne ausgelacht“ haben!), kehrte sie nach Wien zurück und wurde bald an der Hofoper engagiert, um sowohl deutsche als italienische Partien zu singen. Beethoven erneuerte seinen Verkehr mit Willmanns und wurde in kurzem durch die Reize der schönen Magdalene in so hohem Grade gefesselt, daß er ihr seine Hand anbot – eine Tatsache, welche dem Verfasser dieses Buches von einer Schwester Magdalene Willmanns mitgeteilt wurde, die im Jahre 1860 noch lebte und ihren Vater oft darüber hatte sprechen hören. Auf die Frage, warum Magdalene auf den Antrag Beethovens nicht eingegangen sei, schwankte Frau S. einen Augenblick und antwortete dann lachend: »weil er so häßlich war, und halb verrückt!« Im Jahre 1799 heiratete Magdalene einen gewissen Galvani; doch ihr Glück war ein kurzes; sie starb schon Ende 1801.“

Sie starb übrigens nachdem sie ihrem Galvaniseur zwei Kinder geschenkt hatte. Sie war bis unmittelbar vor ihrem Tod noch auf einer Gastspielreise, die sie nach Dresden, Leipzig und Hamburg geführt hatte.
Dann hätten wir noch dat Stinchen, Christine Gerhardi, auch eine Sängerin (Beethoven war da ja sehr empfänglich!). Leopold von Sonnleitner schreibt über sie:
„Sie war die Tochter eines Hofbeamten Kaiser Leopolds II. Der Vater war nebst seiner Familie aus Toscana nach Wien gekommen, als Leopold II. durch den Tod Josephs II. zum Throne berufen wurde. Die Tochter war eine ausgezeichnete Sängerin, blieb stets nur Dilettantin und sang vorzüglich in Konzerten zu wohlthätigen Zwecken (deren sie selbst veranstaltete) oder für ausgezeichnete Künstler.“


Folgen Sie, verehrte Leserin, geschätzter Leser, Beethovens Spuren
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 © 2020 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker