Ästhetik und Erotik

Joachim Kirchmair – „Aktfotografie 1984-1994“

von Frank Becker

Ästhetik und Erotik
 
Aktfotografie von Joachim Kirchmair
 
Er gehört wie u.a. Gerd Rattei, Klaus Ender, Günter Gueffroy, Klaus Fischer, Gerhard Weber, das Ehepaar Angelika und Frank Schenke und das Ehepaar Norbert Vogel und Heidi Vogel-Hennig zur ersten Riege der Fotografen, die in der DDR der Aktfotografie zu Ansehen verholfen haben. In Sammelbänden wie „Aktfotografie – Variationen und Tendenzen“ (Leipzig, 1987) oder „Akt in der DDR – eine Retrospktive“ (Berlin, 2014) ist Joachim Kirchmair bereits vertreten, nun erscheint im Verlag Bild und Heimat, der führend für die Bewahrung der DDR-Aktfotografie ist, ein Solo-Band des 1944 in Hamburg geborenen Fotografen, der die Jahre 1984-1994 umreißt.

Nach einer Tätigkeit als Fotolaborant studierte Kirchmair von 1965 bis 1970 in Leipzig Fotografie und arbeitete danach als Freiberufler für verschiedene Zeitschriften in der DDR sowie für die Exportwerbung. Schon in den 60er Jahren fotografierte er gelegentlich Akte. Ab 1984 und vermehrt ab 1986 wandte er sich stärker der Aktfotografie zu - Leser und Abonnenten der DDR-Monatszeitschrift „Das Magazin“ profitierten davon - und er wird dazu zitiert: »Bei der Aktdarstellung strebe ich eine erotische Ausstrahlung an, die durch den Gesamtausdruck von Gesicht und Körper entsteht. Sie zu inszenieren, ist eine Aufgabe, die Fotograf und Modell nur als Partner bewältigen können. Die Modelle bringen neben einem ausdrucksstarken Körper vor allem Geduld und Vertrauen in diese Arbeit ein. Dabei entstehen oft Aufnahmen, die als Aktporträts gelten können.«
 
Joachim Kirchmair, der, so zeigt es die Auswahl des Buches, die Studioaufnahme dem Foto in der Natur vorzieht, versteht sich auf den Einsatz von Licht und Schatten, Melancholie und Heiterkeit halten die Balance, und ihm liegt ein durchaus schwieriges Thema, die inszenierte Erotik. Das Arrangement von Paaren im Akt ist eine heikle Angelegenheit, Kirchmair sammelt hier Punkte. Seine Mann/Frau-Konstellationen auf den Seiten 22, 69 und 70 und das zauberhafte weibliche Paar auf Seite 77 sind delikat. In unserem Feuilleton zeigen wir heute eines davon: Sylvana (1990). Unter seinen wiederkehrenden Modellen Janet (Blond), Janet (brünett), Petra, Sylvana und Simone begegnet uns besonders oft und so auffallend schön wie anmutig in Haltung und Wirkung: Ulrike. Ihr verdanken wir einige der reizvollsten Anblicke dieser Sammlung, darunter den oft gezeigten Klassiker aus dem Jahr 1985:


Ulrike 1985 - Foto © Joachim Kirchmair

Wir möchten hier vor allem ein paar ausgewählte Motive sprechen lassen, sagen doch Bilder oft mehr als viele wohlgesetzte Worte. Einige weitere lassen wir gelegentlich folgen.

Es wäre übrigens interessant, einen Folgeband mit den frühen Akt-Versuchen der 1960er bis 80er Jahre in Händen zu halten.


Simone G. 1988 - Foto © Joachim Kirchmair


o.T., o.J. - Foto © Joachim Kirchmair

 
Joachim Kirchmair – „Aktfotografie 1984-1994“
© 2019 Verlag Bild und Heimat, 80 Seiten, gebunden, 21 x 26 cm, s/w-Abbildungen – ISBN: 978-3-95958-237-7
9,99 €
 

Ulrike 1985 - Foto © Joachim Kirchmair

Weitere Informationen: www.bebug-verlage.de