Velvet Colours

Zwischen Informel und Abstraktem Expressionismus

von Ines Pröve

Ines Pröve - Blätter lauschen Blüten, 2020, 60x80x4, Öl und Pigmente a. L.

Ines Pröve: Über meinen Malprozeß
 
1990 habe ich meine Lehrerin Prof. Eva Maria Schoofs-Kentner gefunden. Ihre Stillleben und abstrakten Landschaften, in denen das Licht geheimnisvoll eingefangen war, haben mich magisch angezogen.
 
Zerklüftete Strukturen von Steinen und Mauern, die den Zerfall durch die Zeit in sich tragen, faszinieren mich. Diese Strukturen, die sich wiederholen, ganz gleich ob man die Erde aus dem Flugzeug aus betrachtet oder einen kleinen Kieselstein in der Hand hält und dessen Maserungen mit den Augen verfolgt, sind Gegenstand meines inneren Bildes. Das genaue Hinschauen hatte ich schon viele Jahre mit dem Makroobjektiv meines Fotoapparates eingeübt. Meine Arbeiten sind der informellen Malerei und dem abstrakten Expressionismus zuzuordnen. Das Œuvre von Emil Schuhmacher, Fred Thieler, Wassily Kandinsky und  William Turner hat mich sehr fasziniert.
In meinen Arbeiten herrschen Form- und Farbkonstellationen vor, das Nicht-Dingliche steht in den meisten Ölbildern im Vordergrund. Zu Beginn des Malprozesses bestimmt das freie Laufenlassen der Hand, das Spiel des Zufalls den Prozess, um diesen dann gezielt mit Linien, Strichen und Farbpunkten mit einer kompositorischen Absicht zu vollenden. Ein Strich kann schnell oder langsam sein, aggressiv oder zögerlich, tänzerisch oder steif. Das Bild wird so lange geschichtet, bis das Ergebnis zufriedenstellend ist. Modellierung und Relief sind Elemente des Bildaufbaus. Ziel ist es eine visuelle Poesie zu erreichen in unzähligen Variationen von Natur und Geist. 
 

Ines Pröve - O.T., 2020, 80x100, Öl, Acryl und Pigmente a. L.

Mit meinen Bildern möchte ich den Betrachter zu einem Spaziergang mit den Augen in die Spuren und Schichtungen einladen. Zunehmend habe ich mit Verletzungen, gezielten Zerstörungen und Einritzungen in der Bildfläche experimentiert. Das bedeutete auch, neue Materialien wie Pastellstifte, Kohlestifte, Ölkreiden und Pigmente hinzuzunehmen. Das Wagnis, etwas Gelungenes wieder zu zerstören und das Neue daraus wachsen zu sehen, stellt die eigene Arbeit immer wieder in Frage. In späteren Werken habe ich das Aufsetzen von schwarzen Zeichen wieder aufgegriffen, die, hieroglyphenähnlich oder den asiatischen Schriftzeichen entlehnt, dem Bild zeichenhafte Elemente hinzufügen. Damit versuche ich der emotionalen Farbigkeit einen kalkulierten Akzent entgegenzusetzen. Der Betrachter bleibt im Unklaren, was er nun genau zu sehen hat. Allusionen können an Höhlenzeichnungen und Landschaften erinnern und doch soll es keines von beiden tatsächlich sein. Hier beginnt das eigentliche Abenteuer, nämlich die Freiheit, sich den eigenen Assoziationen überlassen zu dürfen und auf seine eigene „Innenreise“ in der Bildbetrachtung zu gehen. Der Betrachter kann auf Entdeckungsreise gehen, ohne durch einen vorgegebenen Titel gebunden zu sein. Deshalb haben die meisten meiner Bilder keinen Titel.
 

Ines Pröve - Blüten in Silberweiß, 2020, 103x77 auf Malgrund, Öl und Pigmente

In den letzten Jahren ab 2015 habe ich mich auch ab und zu dem Gegenständlichen, meistens Bildmotive aus dem Tierreich und Frauenakte, zugewandt. Hier ging es mir um den Ausdruck großer Lebendigkeit mit dem Ziel, eine Dreidimensionalität durch skulpturale Eigenschaften zu erreichen, geradeso, als ob das Tier aus dem Bild auf einen zukommt.
Aber mein Schwerpunkt gilt der informellen Malerei und der Abstraktion.
 
07.04.2020