Als Europa noch dampfte

Peter Waller – „Dampf in den Swinging Sixties“

von Johannes Vesper

Als Europa noch dampfte
 
Für ca. 150 Jahre wurden die europäischen Eisenbahnen von Dampfrössern gezogen. Bevor sie für die Eisenbahn nutzbar wurden, bewegten sie Loren in den Bergwerksregionen von Wales, Oberschlesien, dem Ruhrgebiet usw.. Die erste auf Schienen fahrende Dampflok baute Richard Revock 1804. Unter ihrem Gewicht brachen wie kürzlich bei der berühmten Schwebebahn in Wuppertal die Schienen. Bekannterweise fuhr in Deutschland 1835 der erste Dampfzug zwischen Nürnberg und Fürth mit einer Geschwindigkeit von ca. 36 km/h und zunächst noch im Wechsel mit Pferdebahnen. Zur gleichen Zeit fuhr der Dampfzug zwischen Liverpool und Manchester schon 100 km/h. 100 Jahre später raste die Schnellzuglokomotive 05002 mit 200 km/h von Hamburg nach Berlin und zurück. Nach dem 2. Weltkrieg wurde mit der Entwicklung und Verbreitung des Autos und wachsendem Güterverkehr das Streckennetz zurückgebaut und die Dampflok zunehmend durch effizientere und saubere Diesel- und E-Loks ersetzt. Auf den Bahntrassen fahren nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf derselben inzwischen nur noch Radfahrer. Die Arbeitsbedingungen auf den Dampfloks entsprachen kaum mehr den inzwischen moderneren Zeiten. In Knochenarbeit schaufelte bei jedem Wetter und ungeregelten Temperaturen der Heizer tonnenweise Kohle aus dem Tender in die Lok und der Lokführer äugte verkniffenen Auges aus dem meist offenen Seitenfenster die Strecke entlang, um kein Zugsignal zu übersehen. Ende der 60er Jahre gewöhnte sich die Bundesbahn das Rauchen und Schnaufen ab, zuletzt auf der Emslandfernstrecke, und stellte 1977 offiziell den Dampflokbetrieb ein. Das anschließend ausgesprochene Dampflokverbot wurde später zugunsten von Museumsbahnen wieder gelockert. Heutzutage fahren noch etliche Museumsbahnen in Deutschland aber auch in der Schweiz und Österreich unter Dampf und mit heulendem Dampfsignal. Interessanterweise werden im 1914 gegründeten Dampflokreparaturwerk Meiningen (DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH) noch heute Dampfloks aus ganz Europa repariert.
 
Aber in den 60er Jahren gab es in ganz Europa noch Dampflokbetrieb, und darum geht es in dem Buch von Peter Waller. Fotografisch standen zum ersten Mal auch Farbfilme in nennenswerter Anzahl zur Verfügung. In rund 200 Fotografien wird das längst vergangene Dampfroßzeitalter hier festgehalten.
Dampfloks aus Skandinavien, von den Britischen Inseln, aus Frankreich, aus Benelux und Zentraleuropa, ebenso aus West- Ost und auch Südeuropa werden in schönen Aufnahmen abgebildet, versehen jeweils mit informativen Hinweisen zu ihrer Baugeschichte, zur Beschreibung der Strecken, auf denen sie jeweils eingesetzt wurden, und zur Situation bei der Aufnahme. Der Liebhaber der Dampfeisenbahn wird viel Interessantes zu diesem historischen Verkehrsmittel erfahren, welches ältere unter den Lesern in ihrer Jugend noch selbst erlebt haben. Für die jüngeren scheint es aus ferner grauer Vorzeit zu stammen, fasziniert aber immer noch als Modelleisenbahn oder beim Besuch eines der zahlreichen Eisenbahnmuseen in Deutschland. Allein 12 davon gibt es in NRW.  
 
Peter Waller – „Dampf in den Swinging Sixties“
Die Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel „European Steam in the 1960s“ bei Unique Book.
Deutsche Fassung Bernhard Senger
© 2020 transpress Verlag, 180 Seiten, gebunden, zahlreiche Abbildungen - ISBN: 978-3-613-71392-5
29,90 €

Weitere Informationen www.transpress.de