Anschnallen!

Transatlantic Guitar Trio

von Frank Becker

Anschnallen!
 
(Sie werden mitgerissen.)
 
Die Überschrift dieser CD-Besprechung und der Untertitel resultieren aus brandaktueller persönlicher Erfahrung, denn das Album mit dem unspektakulären Titel „Transatlantic Guitar Trio“, das in wenigen Wochen auf den Markt kommt, hat genau das mit mir getan, es hat mich vom ersten Akkord des temporeichen Openers „Dusseldorf Stomp“ an völlig mitgerissen, vereinnahmt und begeistert – ein Feuerwerk auf den Saiten.
     Drei Fingerstyle-Spezialisten der akustischen Gitarre haben sich für das Projekt Transatlantic Guitar Trio zusammengetan, treten bruch- und nahtlos in die Fußstapfen  großer Vorbilder wie Django Reinhardt, Chet Atkins oder Les Paul  und legen mit einem Paket aus zehn Titeln, teils aus eigener Produktion, teils aus Klassik und Standards vor, was Gitarren, Gitarristen notabene, zur schieren Freude der Hörer möglich machen können. Von dem deutschen Gypsy Jazz Virtuosen Joscho Stephan und dem englischen Fingerstyle-Guitar Könner Richard Smith wußte ich bereits aus wunderbaren Konzertabenden, daß sie in ihrer Meisterschaft keine musikalischen Grenzen kennen. Den amerikanischen Multiinstrumentalisten Rory Hoffman als dritten im Bunde schließe ich nun ebenso mit in mein Abendgebet ein, denn das Trio schenkt als homogener Klangkörper mit seinem Spiel höchsten Genuß und pure Lebensfreude – hier, dort und überall. Bei dem Lennon/McCartney-Titel „Here, there and everywhere“ nämlich geht das Herz in der lyrischen Interpretation der drei Virtuosen weit, unerhört weit auf.
     Butterweich, verführerisch, erotisch bis in die Fingerspitzen und unter die Haut gehend zeigt der „Transatlantic Bolero“ (Stephan/Smith/Hoffman) ein zum Verlieben zärtliches Gesicht. „Sabrosa“ von René Touzet und Ralph Flannagans „Hot Toddy sind artige Verneigungen vor dem Genie von Les Paul, und mit der Komposition und Umsetzung des „Rattlesnake Reggae Shuffle“ erweisen die drei dem Genre von Buddy Merrill bis Chet Atkins klangvoll Reverenz. Steve Kahns Standard „I wonder where my baby is tonight“ geben sie mit federleichten Händen einen Touch von Django Reinhardt, und selbst Antonin Dvoraks Largo aus der Sinfonie Nr. 9 e-moll op. 95 „Aus der Neuen Welt“ bringen sie unter dem Titel „Going Home“ träumerisch zum swingen. Juan Tizols „Caravan“ und Johnny Christophers „Always On My Mind“ runden die knappen 40 Minuten dieser köstlichen CD voller Temperament und Melodie, Romanze und Fingerfertigkeit, ja Artistik auf den Saiten, gepaart mit künstlerischer Ernsthaftigkeit und heiterer Leichtigkeit.
 
Im Pressetext zum Album ist die Rede von 3-Sterne-Gitarristen. Das stimmt nicht. Stephan, Smith und Hoffman sind 5-Sterne-Virtuosen an der Gitarre – here, there and everywhere. Etwas besseres zu finden wird sehr schwer fallen.
Das „Transatlantic Guitar Trio“ hat sich bereits vor dem offiziellen Erscheinungsdatum in unser Herz gespielt, ist schon jetzt Album des Monats und wird vermutlich – das Jahr ist ja noch jung – am Ende auch unser Album des Jahres sein. Von uns daher dafür hier und heute unser Prädikat, den Musenkuß, mit Sternchen!
 
Transatlantic Guitar Trio
© 2020 MGL Musik Produktion
Joscho Stephan – Richard Smith – Rory Hoffman (g)
Titel:
1. Dusseldorf Stomp – 2. Transatlantic Bolero – 3. Sabrosa – 4. Here, there and everywhere – 5. Rattlesnake Reggae Shuffle – 6. I wonder where my baby is tonight – 7. Going Home – 8. Hot Toddy – 9. Caravan – 10. Always on my mind
Gesamtzeit: 39:09
 
Weitere Informationen: www.joschoshop.com  -  www.in-akustik.com