Die Rüschenkleider rauschen - ein Fest für Freunde von Ausstattungsorgien.

„Emma“ von Autumn de Wilde

von Renate Wagner

Emma
(GB 2020)

Regie: Autumn de Wilde
Mit: Anya Taylor-Joy, Johnny Flynn, Bill Nighy, Mia Goth u.a.
 
Die Rüschenkleider rauschen wieder verstärkt auf der Leinwand (man kann sich eigentlich nicht vorstellen, warum?), die Löckchen umrahmen Frauengesichter der Vergangenheit. Dennoch hat man dies kürzlich bei „Little Women“ (die Verfilmung des Romans von Louisa May Alcott, erschienen 1868, die Geschichte der vier Schwestern March in Neuengland, Mitte des 19. Jahrhunderts) viel weniger „gestrig“ empfunden als diesmal bei „Emma“. Es ist die neueste filmische Umsetzung des Romans von Jane Austen, 1816 erschienen, in dem englischen Dorf Highbury, 16 Meilen von London entfernt spielend, in der englischen Literatur als „romantic comedy“ eingestuft.
Tatsächlich ist dieses Buch aber etwas anders als die anderen, nicht nur, aber auch, weil die junge Heldin kein armes Mädchen ist, das ununterbrochen nach einer reichen Partie Ausschau halten muß. Emma hat eigenes Vermögen – und sie ist, wie Jane Austen selbst meinte, eine Heldin, die nicht viel Sympathie ernten würde. Denn ihr überhebliches Bestreben, ungefragt und selbstgefällig im Leben der Mitmenschen herumzufummeln und diese nach eigenen Wünschen zu lenken, ist wirklich – seltsam. Allerdings vielleicht gut gemeint. Eine frühere, sehr überzeugende Verfilmung aus dem Jahre 1996 zeigte Gwyneth Paltrow als durch und durch liebenswerte Wichtigmacherin, über die man zwar den Kopf schüttelte, wenn sie einem armen Mädchen (hier sehr gelungen: Mia Goth als Harriet Smith) unbedingt einen Gatten verschaffen will (ob diese den möchte oder nicht), der man aber die Gutherzigkeit und beste Absicht glaubte.
 
Die Zeiten haben sich geändert, die negativen Aspekte werden immer stark herausgearbeitet, wobei Regisseurin Autumn de Wilde bislang vor allem Musik-Videos gedreht hat (daher der starke Musikanteil des Films), aber sich die Erfahrung erst erarbeiten, eine Geschichte von dem gesellschaftlichen Standpunkt zu erzählen, der uns interessiert.
Kurz, Hauptdarstellerin Anya Taylor-Joy als Emma Woodhouse ist zwar nach außen hin ein herziger Blondschopf, aber eigentlich ein ungutes Geschöpf – und das tut keinem Film gut. Und im übrigen fühlt man sich nicht unbedingt wie bei Jane Austen (das ist ja immerhin Literatur und bohrt auch in den Untiefen der von ihr gezeigten Gesellschaft), sondern eher wie bei Barbara Cartland, wo die tollen Kostüme auf flachen Menschen und Geschichten hängen, wo sich das Leben eigentlich nur um Klatsch zu drehen scheint.
Selbst wenn ein so toller Schauspieler wie Bill Nighy hier den Vater von Emma spielt, kommt nicht viel dabei heraus. Und der Mann fürs Happyend, an das niemand glauben will (Emma am wenigsten) – nun es gab schon Überzeugendere als Johnny Flynn. Im übrigen kann man sich im Kreis der englischen Kleinstädter eher langweilen – und Emma salzt und pfeffert die Geschichte nicht wirklich. Aber wer gerne schöne, üppige, altmodische Kostümfilme, ja Ausstattungsorgien sieht – der ist hier richtig.

Ab heute in den Kinos.
 
 
 
Renate Wagner