So werden Bestseller gemacht? Aber ja!

„Der geheime Roman des Monsieur Pick“ von Rémi Bezançon

von Renate Wagner

Der geheime Roman des Monsieur Pick
(Le Mystère Henri Pick - Frankreich 2019)

Regie: Rémi Bezançon
Nach einem Roman von David Foenkinos
Mit: Fabrice Luchini, Camille Cottin, Alice Isaaz, Bastien Bouillon u.a.
 
Literatur-Krimis sind ein Genre für sich, wenn auch meist zwischen Buchdeckeln. Wer gerne liest, liest auch mit Begeisterung über Autoren und das Rundherum um das Entstehen von Büchern. Und wenn es gar Geheimnisse gibt… wer hat nun Shakespeares Werke wirklich geschrieben? So hoch greift der französische Film „Der geheime Roman des Monsieur Pick“ nicht. Da geht es nur um ein plötzlich aufgetauchtes Manuskript von einiger Bedeutung – und einen Literaturkritiker, der partout nicht glauben will, daß ein (inzwischen verstorbener) Pizza-Bäcker dessen Autor sein soll.
Daraus macht Regisseur Rémi Bezançon nach der Vorlage eines Romans von David Foenkinos einen zwar etwas langsamen Film, der aber als Satire auf das heutige Literaturleben (und nicht zuletzt auf Leser!) sehr gut funktioniert. Es braucht halt im Zuschauerraum selbst Leser oder Literaturliebhaber – sonst wird man sich vielleicht langweilen…
 
Es beginnt mit einer Fernsehdiskussion. Es wird auch in unserer Zeit, in der ein Großteil der Menschen nur noch in ihre Smartphones starrt, über Literatur diskutiert (vielleicht aus einer Art „Bildungs“-Bewußtsein heraus?). Natürlich gibt es auch hochgestochene Schnösel, und Literatur-Kritiker Jean-Michel Rouche (Fabrice Luchini sprüht Arroganz) ist ein solcher. Er geht sogar zu weit in seinen Beschimpfungen, fliegt raus – und muß seinen Ruf wieder herstellen.
Stein des Anstoßes ist der Roman von Monsieur Pick. Das Ganze hat eine Vorgeschichte: Es gibt auf einer Insel in der Bretagne eine Bibliothek besonderer Art. Sie heißt „Bibliothek der abgelehnten Bücher“ und sammelt Manuskripte, die keinen Verlag gefunden haben (wenn nicht der 25. Verleger Verstand genug gehabt hätte, das Buch zu nehmen, fände sich vielleicht nach 24 Ablehnungen auch Umberto Ecos „Der Name der Rose“ dort…).
Und genau dorthin, in die Bretagne, kommt die Verlagsangestellte Daphné Despero (Alice Isaaz), der Literatur durch ihren schreibenden Liebhaber Fred Koskas (Bastien Bouillon) auch privat verbunden. Als sie von dieser „Bibliothek“ hört, stürzt sie sich natürlich darauf – und hier will sie einen Roman namens „Die letzten Stunden einer großen Liebe“ gefunden haben, der durch die Geschichte seiner geheimnisvollen Entdeckung Aufsehen erregt (ohne Medien geht gar nichts) und prompt zum Bestseller geworden ist.
Und wer soll dieses Meisterstück nun verfaßt haben? Monsieur Pick, der angeblich nie auch nur ein Buch in der Hand gehabt hat? Nie und nimmer! beschließt die Literaturszene in Gestalt von Monsieur Rouche. Und nun begibt sich der Film mit dem Hochmutskritiker auf die Suche nach dem „wahren Autor“. Es ist eine Reise durch die Provinz, zur Pick-Familie, wo die Tochter (Camille Cottin) nach anfänglichem Widerstand dann doch eine verständnisvolle Mitstreiterin wird, in das Milieu leidenschaftlicher Leser (die schnell zur Vergötterung von Autoren bereit sind).
Auf der Suche nach der Schreibmaschine, auf der das Manuskript getippt wurde, wähnt man sich bei Agatha Christie, und fast läuft alles aus dem Ruder … aber das hat viele amüsante, hintergründige Elemente. Kurz, es wird der klassische Spurensuche-Krimi daraus – in einem Milieu, das immer seinen Reiz hat. Man weiß es ja: Autoren – Verleger – Kritiker – Publikum, das ergibt ein mit Hochspannung gefülltes Beziehungsfeld, wobei man vor Überraschungen nie sicher ist.
 
Man kann sagen, daß die Lösung des Rätsels zwar nicht sehr sympathisch, aber auch nicht unwahrscheinlich ist. Schließlich geht es ja darum, daß in dieser Welt nur wahrgenommen wird, worum man genügend Wirbel macht. Und das ist „Monsieur Pick“ ja gelungen. Auch wenn er nur als widersprüchliches Diskussionsmaterial herhalten mußte. Hauptsache, man kommt in die Medien. So werden Bestseller gemacht? Aber ja!
 
 
Renate Wagner