Rom für Individualisten

Gerhard Kotschenreuther – „Rom – 100 unbekannte und geheimnisvolle Orte“

von Johannes Vesper

Rom für Individualisten

Ein etwas anderer Reiseführer
 
Rund 7 Millionen Touristen kamen 2016 nach Rom. Der dorthin Reisende muß also nicht befürchten, einsam und alleine in der Stadt unterwegs zu sein. Die berühmten, großen Ziele der Pauschaltouristen wie der Vatikan und seine Museen, Kapitol, Kolosseum, Forum Romanum, Palatin werden in riesigen Horden angesteuert. Wer sicher aber als Einzelner in der Stadt bewegen will, sollte bestimmte Empfehlungen beachten: Er sollte z.B. nicht mit dem eigenen Auto in Rom fahren. Der höllische, chaotische Verkehr ist in seiner Hektik trotz gelassener Großzügigkeit der autochthonen Römer gegenüber fremden Eindringlingen kein reines Vergnügen. Er sollte seine Ziele, vor allem die bekannten (s.o.), nicht spontan besuchen, da immer wieder mit langen Schlangen an der Eingangskasse gerechnet werden muß.

     Außerdem sollte sich der Individualtourist das schmale Bändchen von Gerhard Kotschenreuther zulegen: „Rom - 100 unbekannte und geheimnisvolle Orte“, ein Handbüchlein für individuelle Entdeckungen, in welchem sich weitere wichtige Empfehlungen, darunter die offizielle Seite der Stadt Rom www.060608.it/en, mit Informationen zu fast allen Sehenswürdigkeiten, finden. Vor allem aber liest man über jene 100 Orte in Rom, die der Autor als passionierter Reiseleiter und Rom-Liebhaber dem Interessierten ans Herz legt. Dem Nutzer dieses Handbüchleins hilft die Katalogisierung der Sehenswürdigkeiten mit Sternen und Symbolen, wonach er Hinweise auf die Bedeutung derselben (interessant – außergewöhnlich - sensationell) und darauf, wie einfach oder schwierig die Besichtigung vonstattengehen kann, findet. Von der Basilika Santi Apostoli bis zur Katakombe der Heiligen Marcellinus und Petrus werden tatsächlich 100 Orte angegeben, die einen Besuch jenseits klassischer Ziele besonders lohnen. Dazu gehört nicht nur das leicht zu übersehende Grabmal vom Architekten Giovanni Battista Gisleni (1600-1672) in Santa Maria del Popolo für eine unbekannte Leiche, die hinter Gittern eingesperrt wurde und laut Inschrift weder hier lebendig noch dort tot ist. Die makabre Legende dazu wird im Büchlein natürlich ausgebreitet.


Grabmal für einen unbekannten Toten - Foto © Johannes Vesper

Zu den 100 interessanten Orten Roms gehört auch das uralte Kloster SS. Quattro Coronati zwischen Kolosseum und Lateran mit seinem herrlichen Kreuzgang, einem der stimmungsvollsten und schönsten ganz Roms.
Auf den Fresken des 13. Jh.in der kleinen Silvesterkapelle des Klosters sind Leben und Krankheiten Konstantins des Großen dargestellt, ein Beispiel politischer Propaganda im Hochmittelalter. Friedrich II. habe kein Recht, Rom zu belagern, habe in der Stadt nichts zu suchen, die Vormacht des Papstes gegenüber dem Kaiser sollte dem Gläubigen mit diesen Fresken vermittelt werde, auf denen dargestellt ist, daß Rom und der Vatikan dem Papst schon ca. 900 Jahre zuvor von dem damals offensichtlich an Masern erkrankten Kaiser Konstantin geschenkt worden sind. Diese berühmte Konstantinische Schenkung ist aber nur durch eine um 800 n. Chr. gefälschte Urkunde belegt. Fake news sind keine Erfindung der Moderne. Beim Verlassen des Klosters stößt man auf den Weg zur Basilika St. Clemente in der Vicus Papisse auf ein Marienbild, welches möglicherweise als Hinweis auf eine Päpstin Johanna zu verstehen ist. Gab es wirklich mal eine Päpstin? Auf einem Gemälde in Santa Maria in Trastevere ist jedenfalls eine Päpstin mit Papstkrone zu sehen.


Konstantin (malad) -  Foto © Johannes Vesper

Auch der erfahrene Rombesucher wird sich mit Gewinn den interessanten Geschichten widmen und mit Hilfe dieses überaus anregenden Büchleins Neues entdecken und sich in Rom tummeln.
 
Gerhard Kotschenreuther – „Rom – 100 unbekannte und geheimnisvolle Orte“
© 2020 Reise Know-How Verlag, 308 Seiten - ISBN 978-3-8317-3274-6
16,90 €
Weitere Informationen: www.reise-know-how.de