Die Salzstreuer

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch
Die Salzstreuer
 
Die ersten Salzstreuer waren Kopfgeburten. Zu viele und zu große Löcher ließen zuviel Salz zu. Wie wichtig Löcher sein können, weiß man nicht erst seitdem man Fahrradschläuche flickt. Ich habe schon Löcher gesehen, die leiteten eine eigene Fernsehsendung. Vorsicht Falle. Ich kann beim Schütteln eines Salzstreuers hören, ob sich das Salz eingeengt fühlt. Aber aufgepaßt, zuviel Freiheit kann auch gefährlich sein, besonders für Eieresser. Auf Ei und Kartoffeln rieselt es herab wie in einem Hagelsturm und Überfluß schafft Überdruß. Zum Glück gibt es den Salzstreuertester. Manchmal rieselt es, manchmal schneit es, manchmal tropft es, auch wenn es streuen soll. Manchmal kommt nichts aus einem Streuer, alles ist verstopft und quält sich im Deckel. Manchmal kommt alles auf einmal zu Fall und man entdeckt nicht das Ei unter dem Salz-Mont Blanc. Es sind oft viele Anläufe nötig um die optimale Schüttelart für die jeweilige Salzlochgröße zu entdecken - aber die Suppe dankt und die Kartoffel schmeckt wie ein König. Heute gibt es sogar Salzstreuer, die durch einen Drehdeckel verschiedene Salzlochgrößen anbieten. Dieses System läßt mehr Spielraum, zumal einem Frühstücksei eine ganz andere Salzmenge  zusteht als einer Straße im Winter. Trotzdem ist das Gewürzmittel Salz sensibel einzusetzen und mit Respekt zu behandeln. Nicht jeder Mensch weiß, wie viel davon für ihn gut ist und übertreibt oft mit den Gaben des Meeres. Einmal entdeckte ich in einer türkischen Pizzeria einen Salzstreuer auf dem ein P gelocht war. P wie Pfeffer, P wie Panne und ich dachte, wie muß sich Salz fühlen, dassdurch einen Irrtum Palz heißt und plötzlich palzig pfeffert. Pech. Wer lernt mit Salz verantwortungsbewußt umzugehen, hat schon viel vom Leben begriffen. Ich bin Salzstreuertester, ich suche nach der Würze des Lebens.
 
 
© 2007 Erwin Grosche