Aufzeichnungen eines Lesers

Denis Scheck – „Schecks Kanon - Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“

von Frank Becker

Aufzeichnungen eines Lesers
 
Denis Scheck nimmt Maß
 
Er sieht es selber ein, daß es ein kühnes Unterfangen ist, einen Kanon der 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur aufzustellen und mit ihm die Behauptung, daß es das wäre. Denis Scheck, der literarische Hans Dampf(plauderer) in vielen Zeitungs- und Fernsehgassen, hat es dennoch gewagt und eine zugegeben gleichermaßen mutige wie eigenwillige Liste dessen aufgestellt, was nach seiner Sicht - und mehr behauptet er auch nicht – in eben diesen Kanon gehört. Und er nennt es mit klarem Blick ein frivoles Unternehmen. Was ihn ehrt. Der Untertitel spielt mit dieser Frivolität: Von „Krieg und Frieden“ bis „Tim und Struppi“. Und er (Scheck) kokketiert damit und mit seiner Weltbelesenheit. Aber das kann man Denis Scheck nicht übel nehmen, schließlich hat er wie einst Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki, den er zitiert, ein Recht dazu, 100 Bücher seiner Wahl über die Millionen anderer zu stellen. Sie und ich hätten dieses Recht ebenso – wir haben nur nicht den Schneid und vielleicht auch nicht das Zeug dazu. Denis Scheck hat das Privileg, seine Liste in einem anerkannten Verlag zu präsentieren, Sie und ich nicht.
 
Schon „Das Buch der 1000 Bücher“ aus dem Harenberg Verlag  kommt einem äußerst begrenzt in seiner Auswahl vor, und man vermißt das eine oder andere der Bücher, die man selber für enorm wichtig hält, gar nicht von der „ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher“ (Suhrkamp 1980), dem „Das kleine Buch der 100 Bücher“ (Bücher der Neunzehn, 1967/68) oder Peter Boxalls 1001 Bücher - die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist (Olms 2011 ff.) zu sprechen. Zahllose Verfasser hatten so im Lauf der Zeit das Bedürfnis, der Leserschaft ihre Wahl ans Herzu legen. 

Was muß nun wirklich drin sein in diesem Kanon? Geht es ohne Jonathan Swift, Molière, Kurt Tucholsky Heinrich Heine, Herman Melville, Max Frisch oder Italo Svevo, wie Scheck meint? Müssen Ovid, William Gaddis, Herta Müller, Ngugi wa Thiong´o, Inger Christensen oder J.K. Rowling hinein? Jeder wie er mag, meine ich. Einen Kommentar sollte man sich verkneifen. Oder nein: Einen möchte ich doch abgeben – daß Denis Scheck „Die Wette“ von Carl Barks in der genialen Übersetzung von Dr. Erika Fuchs mit aufgenommen hat, enthebt ihn zumindest in diesem Fall jedem Zweifel, obwohl man im Grunde das Gesamtwerk von Carl Barks auf diese Liste setzen müßte.
 
Nehmen Sie also „Schecks Kanon“ getrost zur Hand, betrachten sie ihn als eine eloqunte, funkelnde Facette im großen Brillanten der Würdigung der Weltliteratur. Das möchte und darf er sein. Ihre Meinung bilden Sie sich nach der kurzweiligen Lektüre. Viel Vergnügen. Eine Empfehlung der Musenblätter.
 
Denis Scheck – „Schecks Kanon - Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“
Von „Krieg und Frieden“ bis „Tim und Struppi“ – mit 25 Illustrationen von Torben Kuhlmann
© 2019 Piper Verlag, 419 Seiten, Halbleinen, Lesebändchen – ISBN: 978-3-492-05934-3
25,- €
Weitere Informationen: www.piper.de