„Dantons Tod“ in die Länge gezogen

Das Büchner-Stück in der Regie von Armin Petras geriet in Düsseldorf zu laut, zu blutig und zu beliebig.

von Andreas Rehnolt

Foto © Thomas Aurin

„Dantons Tod“ in die Länge gezogen
 
Das Büchner-Stück in der Regie von Armin Petras
geriet in Düsseldorf zu laut, zu blutig und zu beliebig.
 
Von Andreas Rehnolt
 
Regie: Armin Petras - Bühne: Olaf Altmann - Kostüm: Annette Riedel - Musik: Anna Bauer, Johannes Hofmann - Video: Clemens Walter - Licht: Norman Plathe-Narr - Choreografie: Denis Kuhnert - Dramaturgie: Felicitas Zürcher
Besetzung: Georg Danton: Wolfgang Michalek - Camille Desmoulins: Henning Flüsloh - Lacroix: Kilian Land - Hérault-Séchelles: Serkan Kaya - Legendre: Kai Götting - Julie, Dantons Gattin: Caroline Adam Bay - Lucile, Gattin des Camille Desmoulins: Felicia Chin-Malenski - Robespierre: Lieke Hoppe - Monsieur Robespierre: Chris Eckert - St. Just / Marion und Susanne: Cathleen Baumann -  Collot d’Herbois: Sophia Schiller - Herman, Präsident des Revolutionstribunales: Anna-Sophie Friedmann - Simon, Souffleur: Johann Jürgens - Rosalie, sein Weib: Madeline Gabel - Soldat / General Dillon: Gunnar Teuber - Bürger Mercier: Markus Danzeisen - Bürger Guittard: Miguel Abrantes Ostrowski - Toussaint Louverture, ein ehemaliger Sklave: Ron Iyamu - Olympe de Gouges: Eva Lucia Grieser - Marquise de la Tour du Pin: Tino Julian Zihlmann    
Dauer: 3 Stunden, 15 Minuten - eine Pause 
 
Georg Büchners Revolutionsstück „Dantons Tod“ ist in der Version von Regisseur Armin Petras im Schauspielhaus Düsseldorf zu blutig, zu beliebig und nicht zuletzt zu laut. Die Premiere zum Wiedereinzug in das seit vier Jahren wegen Renovierungsarbeiten nicht bespielbare Haus am geschichtsträchtigen Gustav-Gründgens-Platz war zudem mit gut drei Stunden extrem zu lang.
Deutlich über 100 Premierengäste kamen nach der Pause nicht wieder in das Große Haus zurück, und der Applaus nach einem streckenweise qüälend langen Premierenabend fiel auch ehr spärlich-freundlich aus. Dabei hatte das Theater in den 20 Mimen auf der gigantischen, wie eine Guillotine anmutenden, betongrauen Bühne von Olaf Altman etliche Erste Liga-Darsteller des Hauses eingesetzt.


Foto © Thomas Aurin

Grandios Wolfgang Michalek als Georges Danton, hervorragend auch Serkan Kayaj als Herault Sechelles und Henning Flüsloh in der Rolle des jugendlichen Camille. Auf der Gegenseite die Schlächter der Revolution: Lieke Hoppe als weiblicher Robespierre mit ihren eher schurkenhaft anmutenden Komplizen St. Just (gemein-genial: Cathleen Baumann) und Sophia Schiller als Collot, die blutversessen an ein Trio Vampire erinnern.
Die wenigen Tage, die die „guten“ Revolutionäre um Danton im Gefängnis schmachten, ziehen sich schier unendlich. Warum zu allem

Foto © Thomas Aurin
Überfluß getreu dem Motto „Die Revolution frißt ihre Kinder“ ein Mitgefangener einen halbtoten Häftling anknabbern muß, warum Eimer um Eimer Theaterblut die meterhohe Guillotine-Bühne herabgeschüttet wird und andere Bluteimer sich über die Gefangenen ausgießen müssen, erschließt sich in der ewig langen Revoluzzer-Story nicht. 
Übrigens ebenso wenig, warum bei Regisseur Petras Frauen den mordgierigen Gegenpart zum Titelhelden Danton spielen müssen oder warum ein farbiger Schauspieler (Ron Iyamu als ehemaliger Sklave Toussaint Louverture) als stets seine Axt schwenkender Henker sein blutiges Handeln mit der brutalen Sklaverei im Heimatland Haiti erklärt. Schon vor der Pause hätte in Düsseldorf Schluß mit Danton und seinen Getreuen sein können.

Aber nein: Es muß auch in der zweiten Hälfte des Theaterabends weiter von den schurkenhaften Robespierre-Beratern intrigiert, unterdrückt und getötet werden. Letztlich wird die alles entscheidende Frage von Büchner: „Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?“ bei Petras - trotz allem Bemühens und deutlich sichtbarer Anstrengung der Darsteller nicht beantwortet.
Blutrausch ist angesagt und die Diktatur der Revolutions-Bonzen scheint gefestigt. Immerhin: Danton sieht kurz vor seiner Hinrichtung noch voraus, daß auch Robespierre selbst wenige Monate später selbst aufs Schafott steigen muß. Was bleibt von der Düsseldorfer Danton-Version: Ein grandioses Bühnenbild von Olaf Altmann. Kaum Verständnis des Stücks bei denjenigen, die den Stoff nicht kennen.
Großartig allerdings eine Szene, in der Danton sich kurz vor seiner Verhaftung beim Besuch bei Robespierre gänzlich aller Kleider entledigt, um nackt vor seinen Gegenspieler zu treten und ihm seine Wehrlosigkeit zu demonstrieren. Ansonsten: Zu blutig, zu laut und viel zu lang. So ist es nicht verwunderlich, daß der allergrößte Teil des Publikums nicht zur ersten Premierenfeier im immer noch unfertigen Haus bleibt, sondern Richtung Heimat zieht.
 
Weitere Informationen: www.dhaus.de