Thränen des vaterlandes (1636)
Wir sind doch nunmehr gantz, ja mehr denn gantz verheeret!
Der frechen völcker Schar, die rasende posaun Das vom blutt fette schwerdt, die donnernde carthaun Hat aller schweiß und fleiß und vorrath auffgezehret. Die thürme stehn in glutt, die kirch ist umgekehret. Das rathhauß ligt im grauß, die starcken sind zerhaun, Die jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun, Ist feuer, pest, und tod, der hertz und geist durchfähret. Hir durch die schantz und stadt rinnt allzeit frisches blutt. Dreymal sind schon sechs jahr, als unser ströme Flutt, Von leichen fast verstopfft, sich langsam fort gedrungen, Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der tod, Was grimmer denn die pest und glutt und hungersnoth, Daß auch der seelen-schatz so vielen abgezwungen. Andreas Gryphius
Tränen des Vaterlandes (1643)
Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret. Die Türme stehn in Glut, die Kirch' ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun, Die Jungfern sind geschänd't, und wo wir hin nur schaun Ist Feuer, Pest und Tod, der Herz und Geist durchfähret. Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut, Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen. Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot, Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen. Andreas Gryphius
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