Der große Bruder

Alexander F. Storz – „VW 1302 / 1303 - Die Evolution der Super-Käfer“

von Frank Becker

Der große Bruder
 
Mehr PS unter der Käfer-Haube
 
Das von den Deutschen und nicht nur von ihnen geliebte urdeutsche Auto ist in der kollektiven Erinnerung noch immer der Volkswagen, liebevoll auch der „Käfer“ genannt. Von Ferdinand Porsche erdacht überlebte der „Kraft durch Freude“-Wagen nach dem 2. Weltkrieg durch seine robuste Natur und seine Zuverlässigkeit. Nicolas Rosenow und Alexander F. Storz haben über das wunderbare Auto Bücher geschrieben, die wir Ihnen hier ja schon vorgestellt haben. So zuverlässig er auch war, er gehörte mit seinem soliden aber schwachen Motor von zuletzt 34 PS und seinen 1192 cm³ einfach nicht zu den Schnellsten. PS-stärkere andere deutsche Mittelklassewagen auch aus dem VW-Konzern begannen, ihm den Rang abzulaufen, was die Wolfsburger Autobauer dazu verführte, den guten alten Käfer aufzurüsten.

Mit anfangs gleichen Motordaten, aber leicht modifizierter Karosserie, neuen Stoßstangen, größeren Front- und Heckscheiben, besseren Stoßdämpfern sollte der Volkswagen Käfer, der alte 1200er ab 1970 als VW 1302/1303 attraktiver werden. Bald wurde auch in Hubraum und PS-Stärke aufgerüstet: 1285 cm³ mit 44 PS und 1584 cm³ mit 50 PS waren schon eine etwas andere Hausnummer. Da man aber beim Heckmotor blieb, blieb man auch hinter der Zeit zurück. Längst nämlich hatte sich der Frontantrieb durchgesetzt, auch im VW-Konzern mit den Audi-Modellen und den VW 411 und K 70 (die übrigens beide schreckliche Flops waren). Der 411 verschwand sehr bald in der Versenkung und der K 70 war, außer in den 80ern in China kaum noch irgendwo auf der Straße zu sehen.
 
Bis 1978 wurde der 1302/03 noch in Deutschland gebaut, die Cabrio-Version – heute wie damals bei Jungen und Junggebliebenen ein begehrtes Kult-Objekt - konnte bis 1980 gehalten werden. Die zurückgehenden Verkaufszahlen (Alexander F. Storz hat sie im Anhang aufgeführt) bedeuteten aber das definitive Ende. Nur in Mexiko und Brasilen existierten bis 2003 Produktionsstätten, bis am 30. Juli 2003 in Puebla der offiziell letzte Käfer mit der Fahrgestell-Nr. 21.529.490 vom Band lief, übrigens in der bewährten alten Version als 1200 L mit 34 PS.

 

Alexander F. Storz nimmt den Leser in seinem neuen Buch „VW 1302/1303“ mit auf eine Zeitreise zum Höhe- und Endpunkt der deutschen Käfer-Fertigung. Mit einer Vielzahl herrlicher historischer Fotos, die Erinnerungen wecken, mit Dokumenten und Prospekten setzt er dem Auto, das lief und lief und lief ein würdiges Denkmal und läßt neben der Technikgeschichte auch das Kolorit der 1970er Jahre wieder aufleben. Drei Dinge hatten alle Käfer vom Anfang bis zum Ende gemeinsam, den typischen, unvergleichlichen Sound, daß sie immer und überall, zu jeder Jahreszeit und jedweden äußeren Bedingungen funktionierten und daß sogar der technische Laie in der Lage war, zumindest kleine Reparaturen auszuführen. Eine Empfehlung für jeden VW-Fan und historisch Interessierten.
 
Alexander F. Storz – „VW 1302 / 1303 - Die Evolution der Super-Käfer“
© 2019 Motorbuch Verlag, 144 Seiten, gebunden, 17 x 24 cm, 160 Abbildungen – ISBN: 978-3-613-04197-4
19,95 €
Weitere Informationen:  www.paul-pietsch-verlage.de