Öffentliche Toiletten

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch

Öffentliche Toiletten

Die Verwüstungen öffentlicher Toiletten in Parks und Freizeitanlagen werden in der zivilen Gesellschaft meist stillschweigend hingenommen. Öffentliche Toiletten hinterlassen in der öffentlichen Wahrnehmung sowieso keinen guten Eindruck. Es scheint so, als wenn diese Verwüstungen fast schon bei der Gestaltung eingeplant wurden. Gußeiserne Schüsseln und Wachbecken erinnern an Sicherheitstrakte und nicht an menschliche Bedürfnisse. Worte wie „Fuck you“, hingeschmiert an eine gekachelte Wand, erscheinen da eher als Auflockerung des Interieurs. Der Besuch einer öffentlichen Toilette kann Nachwirkungen haben. Man weiß plötzlich, daß die Welt ein bedrohter Ort ist. Es wäre schade, wenn die Nachwelt von all den wunderbaren Dingen, die wir Menschen verwirklicht haben, gerade die öffentliche Toilette im Bewußtsein behalten würden. Laßt uns schon deshalb jetzt der Nachwelt zurufen: „Die öffentlichen Toiletten haben wir nur deshalb aufgestellt, weil man sich in diesen Räumen nach Liebe sehnt. Der Sinn unseres Hierseins wird wieder geweckt. Nichts lenkt dort ab von der Sehnsucht nach Glück. Man kann Abschied von seinen Wünschen nehmen. Sie sind Zwischenzustände zu großen Reisen und sollen uns den Abschied leicht machen.“
 

© Erwin Grosche
 Aus: Grosches Weltlexikon