Die „Wiege des Rock’n’Roll“

SUN Records seit 50 Jahren in Nashville/Tennessee

von Walther Kahl

SUN Records seit 50 Jahren
im Besitz der Singleton-Family
 
Das legendäre Schallplatten-Label gilt als
„Wiege des Rock’n’Roll“
und hat seit 50 Jahren seinen Sitz in
Nashville/Tennessee Nashville/Tennessee
 
Vor genau 50 Jahren (1969) wechselte das Kult-Label SUN Records, die Wiege des Rock’n’Roll, seinen Besitzer. SUN-Inhaber Sam Phillips hatte sein legendäres Label an den ehemaligen A & R-Chef von Mercury Records in Nashville, Shelby S. Singleton jr., verkauft. Damit wechselte die Label-Ikone 17 Jahre nach ihrer Gründung von Memphis ins 220 Meilen entfernte Nashville/Tennessee. SUN Records ist bis zum heutigen Tage dort verankert und hat maßgeblich zum positiven Image Nashville’s als „MusicCity USA“ beigetragen.
 
Als Sam Phillips († 2008), der Rock’n’Roll-Pionier und Visionär, SUN Records 1952 in Memphis/Tennessee gründete, dauerte es nicht lange, bis die talentiertesten Musiker im Süden der USA in seinem kleinen SUN Records- Studio auf 706 Union Avenue ein- und ausgingen. Darunter war auch ein gewisser Elvis Aaron Presley, der seine Mutter zum Geburtstag mit einer selbstbesungenen Schallplatte überraschen wollte. Phillips zeigte sich begeistert von Presleys Stimme, lud ihn erneut ins Studio und produzierte mit ihm „That's Alright (Mama)“ und „Blue Moon of Kentucky“. Der Rest ist Geschichte. Phillips galt zudem als Mastermind hinter dem berühmten „Million Dollar Quartet“, zu dem Elvis Presley, Johnny Cash, Carl Perkins und Jerry Lee Lewis gehörten. Phillips war der Entdecker von Roy Orbison, Charlie Rich, B.B. King, Rufus Thomas, Howlin’ Wolf u.v.a.m.  Er war es, mit seinem kleinen Label SUN Records, der diesen späteren Mega-Stars den Weg zu ihren außergewöhnlichen Karrieren ebnete. Und bei SUN erschien einer der ersten Rock-'n'-Roll-Songs überhaupt: „Rocket 88“ von Jackie Brenston, damals Sänger und Saxophon-Spieler in der Ike Turner Band. Sie alle einte eines und darauf waren sie stolz: Sie waren bei SUN Records unter Vertrag, Label-Künstler der ersten Stunde, Pioniere und Paten einer neuen Musikgattung namens „Rock’n’Roll“, die in den folgenden Jahrzehnten bis heute (nicht nur) die musikalische Welt auf den Kopf gestellt hat.
 
Phillips verlor im Laufe der Jahre mehr und mehr das Interesse am Musikgeschäft. Er veräußerte den SUN-Katalog mit den Elvis-Aufnahmen an RCA und sah sich nach einem möglichen Käufer für sein Label um. Dabei traf er auf Shelby S. Singleton jr. , einen der damals erfolgreichsten Plattenmanager der USA. Singleton hatte gerade seinen langjährigen Posten als A & R-Chef von Mercury Records in New York und Nashville an den Nagel gehängt, um sich mit seinen Labels SSS und Plantation Records selbständig zu machen. Der Zeitpunkt war äußerst günstig: Singleton feierte gerade als freier Produzent und frisch gebackener Unternehmer seinen ersten Million-Seller mit Jeannie C. Riley und „Harper Valley PTA“. Fast 6 Millionen Tonträger gingen damals weltweit über die Ladentheken. Phillips und Singleton waren sich schnell einig (s. hierzu Foto der Vertragsunterzeichnung 1969), Shelby Singleton wurde der neue Besitzer von SUN Records und holte das Label von Memphis an den Belmont Boulevard in Nashville/Tennessee, wo SUN Records bis zum heutigen Tage residiert.
 

Vertragsunterzeichnung 1969 in Nashville/Tennessee: Sam Phillips verkauft SUN Records an seinen Freund Shelby S Singleton, dem ehemaligen A & R-chef von Mercury
Records in Nashville/Tennessee. v.l.n.r.: Sam Phillips; Shelby S Singleton; Stu Hilfen (Singletons Anwalt) und Noble Bell (Singleton’s Executive Vice President) -
© SUN Records / SEYCHELLES MUSIC Walther Kahl Publishing 

Mit dieser Übernahme kam Shelby’s Bruder John A. Singleton, ein erfahrener, weltweit bestens vernetzter Musikmanager, mit an Bord und führte an der Seite von Shelby jahrzehntelang die Geschicke von SUN Records. Mit großer Leidenschaft pflegten sie das SUN-Image und dessen außergewöhnlichen musikhistorischen Backkatalog, darunter die ersten Aufnahmen und Hits von Johnny Cash, Jerry Lee Lewis, Carl Perkins, Roy Orbison und vielen anderen. SUN Records und die SUN Entertainment Corporation sind heute Rechte-Inhaber an über 5.000 Titeln (www.sunrecords.com), darunter viele große Hits von SUN-Künstlern der ersten Stunde.
Heute, 2019 und 50 Jahre später, ist SUN Records noch immer eine Label-Ikone. Shelby Singleton starb im Oktober 2009 im Alter von 77 Jahren in Nashville. Seither führt sein Bruder John A. Singleton, Präsident der Sun Entertainment Corporation, gemeinsam mit Shelby’s Familie die Geschicke dieses epochalen Tonträger-Labels weiter. John A. Singleton: „50 Jahre SUN Records im Besitz der Singleton-Familie sind für mich und für uns alle hier Verpflichtung und Herausforderung zugleich, die außergewöhnliche Story und das große musikalische Vermächtnis von SUN Records ganz im Sinne von Sam Phillips und Shelby, meinem geliebten Bruder, lebendig zu halten.“


Geschäftspartner, Freunde und Ikonen des Plattengeschäfts: SUN Records-Gründer Sam Phillips († 2003, Foto lks.), SUN Entertainment Corporation Präsident
John A. Singleton (Mitte) und SUN Records-Inhaber Shelby S. Singleton († 2009), anläßlich der BMG-Album-Präsentation „SUN 50th anniversary“ im August 2002
in New York. - © SUN Records / SEYCHELLES MUSIC Walther Kahl Publishing

In einem „Tribute to SUN Records“-Konzert anläßlich des Montreux- Jazzfestivals 2001 zollten Pop-Ikonen wie Bob Dylan Jimmy Page, Robert Plant, Bill Wyman sowie Brian May, um nur einige wenige zu nennen, dem Kult-Label aus Tennessee ihren Respekt. Das US-TV-Network CMT CountryMusicTelevision zeigte 2017 ein viel beachtetes achtteiliges Doku-Drama über die Geschichte von SUN Records. Und am Broadway feierte am 11. April 2010 das Musical „Million Dollar Quartet“ seine Premiere. Es erzählt die Geschichte der legendären SUN Recording-Nacht vom 4. Dezember 1956 mit Elvis Presley, Johnny Cash, Carl Perkins und Jerry Lee Lewis - bis heute ein weiteres Nugget im großen SUN-Backkatalog. Die Musical- Produktion tourt inzwischen durch die großen Metropolen der USA und durch Canada. Die Internet-Plattform U_Discover schreibt über SUN: „Im SUN Records-Umfeld fand sich Mitte der Fünfziger Jahre so ziemlich jeder wichtige Songwriter der neuen Generation wieder. Was die Erfolgreichsten unter ihnen einte, war die Experimentierfreude. Denn was in den bescheidenen Studios des Labels in Memphis zusammen kam, das war nichts anderes als das Grundrezept für Rock’n’Roll.“ Fans des SUN Record-Labels („Where Rock’n’Roll was born“) bietet sich bis heute ein großes Angebot (LP, CD, Download und Streaming) von Veröffentlichungen historischer Aufnahmen der 50er und 60er Jahre an. Zu empfehlen sind die mit sehr großer Sorgfalt aufbereiteten und von Experten zusammengestellten Compilation-Boxen und Alben der deutschen Vertriebsfirma Bear Family Records.

Weitere Informationen:  www.sunrecords.com
 
Redaktion: Frank Becker