Für alle großen und kleinen Naschkatzen

Ausstellung „Süßkram - Naschen in Neuss“

von Andreas Rehnolt

Foto: Clemens Sels Museum, Neuss

Ausstellung für alle großen und kleinen Naschkatzen
 
Die Schau mit dem Titel „Süßkram - Naschen in Neuss“ erzählt mit über 300 Exponaten die Geschichte von Schokolade, Bonbons und anderen Süßwaren sowie ihren Weg vom adligen in den bürgerlichen Alltag.
 
Von Andreas Rehnolt
 

„Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt."
Tom Hanks im Film „Forrest Gump“

Das Glanzlicht der am Sonntag im Neusser Clemens Sels Museum startenden Ausstellung „Süßkram - Naschen in Neuss“ ist zweifellos die mehrere Meter lange Rekonstruktion des Zuckerbanketts aus dem Jahre 1585. Das war zur Hochzeit Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg mit der Markgräfin Jacobe von Baden aus sündhaft teurem Zucker erstellt worden. Die Nachbildung stammt vom Düsseldorfer Zuckerbäcker Georg Maushagen, erklärte Kurator Carl Pause am Donnerstag bei der Präsentation der Schau. 
Zwei Burganlagen samt Park, Bäumen, bunten Pfauen, Tieren, großen Kerzenleuchtern, Tellern, Bestecken und Tischdekoration und weiteren Utensilien lassen die Besucher der bis zum 13. Oktober geplanten Ausstellung ins Staunen kommen. Wem beim Betrachten dieses Kunstwerks aus geblasenem und modelliertem Zucker nicht das Wasser im Munde zusammenläuft, der kann sich im Museum auch eigens gefertigte Bonbons oder Lutscher mit dem Logo des Museums probieren und so dem Thema näher kommen, so Museumsdirektorin Uta Husmeier-Schirlitz.


Zuckerbankett - Foto: Carl Pause, Clemens Sels Museum Neuss

Die weit über 300 Exponate der Schau sind laut Pause auch ein „süßer Spiegel der Kulturgeschichte“. Süßes stand nach Pauses Worten nie in großen Mengen zur Verfügung und war bis ins 19. Jahrhundert vor allem den Reichen, zumeist Adligen vorbehalten. Es waren die Römer, die vor etwa 2000 Jahren den Obstanbau einführten. Die Äpfel, Pflaumen oder Trauben konnten zu Gelee gekocht und zum Süßen von Speisen verwendet werden.
 
Im Hochmittelalter dann brachten Kaufleute Rohrzucker aus dem Orient nach Europa. Zucker war zu dieser Zeit ein Luxusgut. Die, die sich diesen Luxus leisten konnten, aßen kandierte Früchte und Nüsse als „Confect“ nach dem meist opulenten Festmahl. Auch der Kakao kam durch Entdeckungsreisen der Seefahrer zunächst nach Portugal und dann in andere europäische Länder. Es waren im 19. Jahrhundert vor allem die Apotheker, die Kakao und Schokolade zubereiteten, die auch als Medizin genutzt wurde, erzählt Kurator Pause.
Einem Niederländer namens van Houten gelang es später, die Kakaobutter zu separieren, sodaß man Kakao-Pulver herstellen konnte, das nicht mehr so fetthaltig war. In den 1880er Jahren kamen erstmals Schokoladentafeln und Schoko-Formen auf den Markt, von denen in der Ausstellung auch diverse Exponate zu sehen sind. Künstlerisch gestaltete Dosen für das Kakao-Pulver sind ebenso ausgestellt wie zahlreiche unterschiedliche Schokoladen-Verpackungen und Pralinen-Dosen.
 
Namen wie die 1860 in Neuss gegründete Firma Novesia (die lateinische Bezeichnung des heutigen Neuss), zu deren bekanntesten Produkten die „Novesia Goldnuß-Schokolade“ mit garantiert 27 ganzen Haselnüssen gehörte, aber auch die Kölner Firma Stollwerck und andere Hersteller sind in der Schau vertreten. Wie etwa die Firma Münster's die seit 1931 Kaubonbons mit dem Namen Maoam (steht für: Mundet Allen ohne Ausnahme mit dem M für den Firmennamen am Ende) produziert.


Die Legende: Die „Novesia-Goldnuß“, 1950er Jahre - Foto: Stadtarchiv Neuss

Automaten, Vitrinen, ganze Theken alter Süßwarengeschäfte, alte Werbefilme, Plakate, Gußformen, Porzellanfiguren und alte Holzmodel zum Backen von flachen Kuchen finden sich in der Schau. So erfährt der Besucher auch, daß die Römer in ihrem Neusser Lager für religiöse Feste einen flachen Kuchen mit geriebenem Käse herstellten, der Gottheiten zeigte. Auch Model für süße Opferbrote aus dem 15. Jahrhundert finden sich. Eines zeigt eine Abendmahlszene, ein anderes für Ostergebäck ziert das Gesicht Christi.
 
Schließlich wird in der Schau auch über die Geschichte der Bonbons informiert. Im Jahr 152 bot sie demnach König Heinrich IV. zu seiner Hochzeit den Gästen an. Der Name stammt - wie Pause erzählt - aus dem Französischen. „Bon! Bon! bedeutet schlicht Gut! Gut!“ so der Kurator. Die runden, etwa einen Zentimeter dicken Fladen der Römer hat das Museum mit einer nachgefertigten Form durch einen Neusser Bäcker und Konditor nachbacken lassen.


Das Süßwarengeschäft Mayser in Neuss, 1970er Jahre - Foto © Hans Otto Mayser

Ebenso gibt es diverse Torten nach Rezepten aus den 1820er Jahren. Zur Eröffnung der Schau am kommenden Sonntag können diese Köstlichkeiten probiert werden. „Besucher werden sich wundern, wie viel Geschichte letztlich in einem Stück Schokolade oder in einem kleinen Bonbon steckt“, verspricht Museumsdirektorin Husmeier-Schirlitz, die im Clemens Sels Museum mit großem Erfolg auch schon eine Ausstellung zu den Genußmitteln Speiseeis und Bier präsentiert hat. 
 
Die Ausstellung ist dienstags bis samstags von 11 bis 17 Uhr sowie sonntags bis 18 Uhr geöffnet.
 
Clemens Sels Museum - Am Obertor - 41460 Neuss - Tel: 02131 - 904141
 
Redaktion: Frank Becker