Hunde

von Peter Altenberg

Peter Altenberg
Hunde
 
Ich hasse die Frauen nicht nur wegen der falschen Krawatten, die sie anhaben, wegen der falschen Schirmgriffe, der falschen Hüte, der falschen Manschettenknöpfe und so weiter - ich hasse sie in neuerer Zeit wegen der „Pflanzhunde“, die sie sich mit teuerm Gelde zulegen, um eine Art von verlogener Tierromantik mit ihnen aufzuführen.
     Meine wunderbar schöne Schwester fand in ihrem fünfzehnten Lebensjahre ein schreckliches verhungertes Tier auf der Bergstraße nach Kaiserbrunn, direkt ein Scheusal. Aber sie betreute es fanatisch; und als sie es eines Sommermorgens im Bottich des kleinen duftenden Gemüsegartens ertränkt fand, legte sie sich ins Bett und verweigerte acht Tage lang die Nahrung.
Heutzutage aber kaufen sie sich für schwere Tausende prämiierte russische Windhunde, Springer erster Klasse, die zwar unerhört hohe Barrieren überspringen, aber nicht einmal den Seelengeruch aufbringen, die Wohnung ihrer scheinbar geliebten Herrin allein wieder aufzufinden!
     Herzlose Idioten von äußerlich schönen Tieren favorisieren sie, schändliche Masken von Idealen, einen Abglanz ihrer eigenen leeren Persönlichkeiten, drapiert mit modernen Gewandungen! Wie sie selbst!
Seinerzeit war der getreueste Freund des Menschen favorisiert, der aufopferungsfähige weiße oder schwarze Pudel. Heute aber liebt man den infam, perfid treulosen Dackel, den grotesken Clown Foxterrier und den stupiden, herzlosen und gleichgültigen russischen Windhund.
     Heute geht man auf Farbe und Form. Aber das melancholisch-treuherzige Auge ist euch gleichgültig geworden! Es wird sich natürlich an euch rächen! Auch die „Ästhetik“ kann nur aus den mysteriösen Tiefen des Herzens kommen; sonst ist es eine Blüte, die an ihrer eigenen schamlosen Kälte verkommt, verdorrt! Nur das Herz hat ewig belebende, tropische Wärme. Schönheit allein mordet!
 
Peter Altenberg