Delikatessen - neu gehört

André Nendza – „Rooms Restored“

von Frank Becker

Lichtdurchflutet

André Nendzas „Rooms Restored“ – neu gehört
 
Was sich bewährt… Bereits 2011 im Kölner Loft aufgenommen, erscheint jetzt – neu aufgelegt – bei JazzSick abermals André Nendzas großartiges Konzept-Album „Rooms Restored“. Es ist in jeder Hinsicht immer noch ein ästhetischer Genuß – erlesene Kompositionen, hinreißende Solo-Partien aller beteiligten Musiker, aber auch das kongeniale zusammenwirken in einem homogenen Klangkörper.
 
Vor einigen Jahren las ich einen brillanten Roman von Klaus Böldl allein wegen seines Titels „Studie in Kristallbildung“ - und habe ihn wegen seiner Tiefe und Vielschichtigkeit  nochmal und nochmal wieder gelesen. Nun höre ich das Album von André Nendza wieder und werde das Gefühl nicht los, der Bassist müsse mit diesem Roman auch in Berührung gekommen sein, denn hier liegt die Musik zum Buch im CD-Spieler, Musik, die man wieder und wieder hören, in sie eintauchen möchte, um sie in ihrer Seelentiefe zu erfassen.
Nendza hat mit Claudius Valk, Christoph Hillmann, Stephan Meinberg und Hendrik Soll eine in mancherlei Jazz-Formationen bewährte Mannschaft zusammengestellt. Eine Renovierung hatte seine Musik zwar nicht nötig, aber der Titel des  komplett mit Stücken von André Nendza ausgestatteten Albums rechtfertigt die Koketterie mit Blick auf die damit vollständige „Rooms“-Trilogie.
Mit „Nightly“ als Opener gibt das Quintett einen programmatischen Einstieg, hat das Stück in seinen 7:21 Minuten doch alles, was die darauf folgende gute Stunde ausmachen wird: souveränes Spiel jedes einzelnen Solisten, wortlose Gemeinsamkeit, reich an Ideen und mit dem ganzen Spektrum der Möglichkeiten des modernen Jazz. Das ist alles kristallklar, wie von Licht durchflutet, sehen wir mal von dem etwas anstrengenden „Epiphany“ (Vince Mendosas „Epiphany“ aus dem Jahr 2000 ist da entschieden entspannter).

Die wundervolle Melancholie, die Claudius Valk vor allem aus seinem Altsaxophon zaubert, die weichen Harmonien und Soli des wunderbar singenden und swingenden Kontrabasses, Christoph Hillmanns dezent führender Rhythmus, die federleichten Läufe und Passagen der Klaviatur wie die brillanten Sounds von Trompete und Flügelhorn machen „Rooms Restored“ zu einem der klangvollsten Alben der vergangenen Jahre.
Zart, ja beinahe schwebend, kühl, jedoch nicht unterkühlt, dann wieder traumverloren wie in The more of her, feinsinnig und elegant reihen sich die elf Stücke aus André Nendzas Feder als Story ohne Worte aneinander, faszinieren den Hörer mit ihrem Raffinement, lassen ihn, auch wenn´s mal overheated ist, nicht los. Diese 68 Minuten sollte man sich bei ausgeschalteter Türklingel und ausgehängtem Telefon ab und zu gönnen, es gibt kaum eine bessere Medizin für angespannte Nerven. „Rooms Restored“ ist eine musikalische Delikatesse, sehr zu empfehlen und mit unserem Prädikat, dem Musenkuß ausgezeichnet.
 
André Nendza – „Rooms Restored“
© 2018 JazzSick Records
Stephan Meinberg (tp, flh) – Claudius Valk (ts, ss, bcl) – Hendrik Soll (p) – André Nendza (b, comp) – Christoph Hillmann (dr)
Titel:
1. Nightly  7:21 - 2. To break a tune  5:01 - 3. From months to minutes  8:28 - 4. Miss one little step  7:58 - 5. Harry Angel  1:45 - 6. Epiphany  6:29 - 7. Separated masses  4:41 - 8. Overheated  5:44 - 9. The more of her  7:03 - 10. All them blls  5:39 - 11. Third mode  7:16
Gesamtzeit:  1:07:59
Weitere Informationen: www.jazzsick.com  -  www.andre-nendza.com