Es geht ein Gespenst um in Wülfrath

„Das Gespenst von Canterville“

von Frank Becker

v.l.: Matthias Gall, Thomas Birnstiel, Andrea Witt, Maresa Lühle - Foto © Michael Hörnschemeyer

Premiere der Wuppertaler Bühnen in Wülfrath mit
„Das Gespenst von Canterville“
 
Es geht ein Gespenst um in Wülfrath
 
Die Wülfrather Stadthalle, schon im vergangenen Jahr Schauplatz der Aufführung des jährlichen Familienstücks des Wuppertaler Schauspiels, war auch jetzt wieder Gastgeber der Premiere. Auf dem Programm stand Oscar Wildes Erzählung „Das Gespenst von Canterville“ in einer Musical-Fassung von Rainer Lewandowski.
 
Rainer Lewandowski hat aus Oscar Wildes modernem Märchen, seit seiner Veröffentlichung 1887 als Publikumsliebling etliche Male verfilmt und dramaturgisch umgesetzt, ein Familienstück mit Live-Musik von Martin Thissen gestaltet. Hans Richter spielt den amerikanischen Botschafter Hiram B. Otis, der mit seiner Frau Lucretia (Isabel Zeumer), Tochter Virginia (Maresa Lühle) und  Sohn Washington (Thomas Birnstiel) in England ein Schloß als angemessenen Wohnsitz kauft – mit Hausdame Mrs. Umney (Andrea Witt), allerdings auch inklusive Gespenst derer von Canterville (Matthias Gall). Dessen Auftrag, auf ewig für Gruseln im Schloß zu sorgen, wird durch die amerikanische Lebensart heftig erschwert, was die Sache unerhört unterhaltsam und komisch macht. Daß schließlich alles, auch für den ruhelosen Geist, durch das wahre Mitgefühl eines reinen Herzens ein gutes Ende nimmt, hat schon immer gerührt.
 
Matthias Gall in der Doppelrolle als zerstreuter Lord Edward und als 448 Jahre alter Geist des Sir Simon de Canterville, der durch die Gänge seines von Amerikanern gekauften und „entweihtem“ ehrwürdigen Schlosses rasselt und stöhnt, spielte sich mit großen komödiantischen Qualitäten sympathisch in die Herzen. Nichts von seinen Gruselversuchen kann Mr. Otis (Hans Richter), seine Frau Lucretia (Isabel Zeumer), Sohn Washington (Thomas Birnstiel) und Tochter Virginia (Maresa Lühle) in Unruhe versetzen – ob er als zahnloser Vampir, Zauberzwerg oder „Enno, der blinde Bettelmönch“ erscheint. Es ist zum Verzweifeln. Doch schließlich wird der Fluch durch das reine Herz Virginias von ihm genommen und alles endet gut. Von Martin Thissen musikalisch und mit Geräuschen live begleitet, bot das Stück in rund 75 Minuten gute Unterhaltung und griffige Songs mit hübscher Choreographie. Der Schlußtitel „Sir Simon lebt in unserer Phantasie“ kann ein Ohrwurm werden.
 
Bedauerlicherweise war die Premiere am Samstagnachmittag mit nur 60 Prozent Auslastung nicht nur nicht ausverkauft, sondern auch vom Wülfrather Publikum kaum angenommen. Eine Umfrage vor der Vorstellung im Foyer zeigte, daß überwiegend Familien aus Wuppertal, Velbert, Neviges und Langenberg gekommen waren. Für Carmen Schöck mit Tochter Janina (10) und Renate Wichelhaus mit Tochter Karoline (9) aus Dornap lag Wülfrath näher als Wuppertal, deshalb begrüßten sie die Idee, hier ins Theater gehen zu können. Rainer Siepmann aus Langenberg und seine Enkelkinder Julian (8) und Hannah (6) kannten das Stück schon von einer Hörspiel-CD und fürchteten sich nicht vor dem Gespenst. Familie Konopik aus Neviges war mit drei Enkeln gekommen und Kathrin Rettich aus Wuppertal fand zwar die Anfahrt etwas zu mühsam, wollte aber gerne die Premiere erleben und war deshalb da. Nadine, Kirsten, Lisa und Annelie (16) von der Bühnenbildner-AG der Theodor-Heuss-Realschule hielten die Wülfrather Fahne hoch. Sie waren auf Einladung des Theaters gekommen, um sich anschließend das Bühnenbild erklären zu lassen.
Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff repräsentierte die gastgebende Stadt Wülfrath, ohne auf nennenswerte Beachtung bei den Wuppertaler Organisatoren zu stoßen oder auf Spitzen der Wuppertaler Verwaltung zu treffen. Lediglich Bernd Simon von der CDU-Fraktion im Wuppertaler Stadtrat konnte ausgemacht werden. Auch Wülfraths CDU-Vorsitzende Ursula Erdelen-Schäfer hatte sich nicht nehmen lassen, zu erscheinen. Frau Lorenz-Allendorff, die mit zwei Kindern von Freunden gekommen war, bedauerte den schwachen Besuch der Premiere, fand das Stück aber gelungen und unterhaltsam. Das fanden wohl auch die großen und kleinen Zuschauer, zu denen u.a. eine Gruppe des Wuppertaler Kinderheims Nesselstraße zählte, die spontan vom Theater eingeladen worden war, denn der Schlußapplaus nach aufregender und amüsanter Gespensterjagd war begeistert und anhaltend.
 
Enno Schaarwächter, Geschäftsführer der Wuppertaler Bühnen: „Die Schulvorstellungen in Wülfrath um 11.00 Uhr sind bereits gut verkauft. Für die Nachmittagsvorstellungen, jeweils um 16.15 Uhr, gibt es noch Karten. Einzelkarten können unter Tel. 0202-569-4444, Gruppen unter 0202-569-6666 bestellt werden. Wer für eine größere Gruppe eine Busfahrt organisieren möchte, kann sich unter 0202-563-5159 an unsere Theaterpädagogin Frau Moritz wenden.“
 
Frank Becker, 21.11.04