„Die Kunst ist die Instanz des Schönen“

Ausstellung zu Wilhelm Lehmbrucks 100. Geburtstag in Duisburg

von Andreas Rehnolt/Bec.

Wilhelm Lehmbruck, Stehende weibliche Figur, 1910
Foto © Bernd Kirtz
„Die Kunst ist die Instanz des Schönen“
 
Schönheit - Lehmbruck & Rodin - Meister der Moderne“ ist eine Ausstellung überschrieben, die seit dem Wochenende im Duisburger Lehmbruck-Museum zu sehen ist. Die bis zum 18. August eingerichtete Schau widmet sich dem in Duisburg geborenen Bildhauer Wilhelm Lehmbruck und seinem „Vorbild und väterlichen Freund“ Auguste Rodin (1840-1917).
Anlaß für die sehenswerte Schau mit überwältigenden Skulpturen, Büsten und Torsi der beiden Künstler, die durch Exponate von Bildhauern ihrer Zeit und mit Werken einiger von ihnen beeinflußter Künstler ergänzt wurden, ist der 100. Geburtstag von Lehmbruck, der am 25. März 1919 in einfachsten Verhältnissen im Duisburger Stadtteil Meiderich geboren wurde.
 
Die Ausstellung zeigt Lehmbruck (1881-1919) und den französischen Bildhauer Rodin als Meister der Moderne. Zu sehen sind über hundert Werke aus den eigenen Beständen sowie Leihgaben aus zahlreichen nationalen und internationalen Museen. Ausgewählte Arbeiten Lehmbrucks und Skulpturen von Rodin treten in der Schau in „einen Dialog und zeigen, wie sich das Schönheitsideal und das damit verbundene Menschenbild im Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert verändert haben.“ (Söke Dinkla)
Die Schau zeigt auch, wie zu Beginn der Moderne ein neues Kunst- und Schönheitsverständnis klassische Dogmen ersetzte und den Weg in die heutige Zeit wies. Beim Rundgang durch die Ausstellung im von Lehmbruck-Sohn Manfred 1964 errichteten Museum in der Ruhrgebietsmetropole wird aber auch deutlich, daß „die Kunst die Instanz des Schönen“ ist. Die gezeigten Werke beider Künstler beweisen zudem, daß die Arbeiten „nach wie vor als schön empfunden“ werden.
Genau das ist Thema der Präsentation, die zudem zeigt, daß sich an den Arbeiten von Lehmbruck und Rodin zu deren Lebzeiten die kritischen Geister schieden. Arbeiten von Zeitgenossen und jüngeren Künstlerinnen und Künstlern, unter ihnen Alexander Archipenko, Hans (Jean) Arp, Constantin BrancusiCamille Claudel oder Henri Matisse ergänzen die Ausstellung.
NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen nannte in ihrem Grußwort zur Ausstellung Rodin und Lehmbruck „Ausnahmekünstler des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.“ Wunderschön in der Ausstellung sowohl die lebensgroßen Statuen aus Marmor oder Bronze und ebenso traumhaft die kleineren Büsten, Modelle oder Torsi von Rodin und Lehmbruck. Letzterer lernte den großen französischen Künstler übrigens nach seiner Übersiedlung nach Paris 1910 kennen und wurde von dessen Werk inspiriert.
 
Dennoch dauerte es nicht lange, bis Lehmbruck, der durch die imposante Marmorfigur „Die große Stehende“ in Paris bereits bekannt und erfolgreich war, „sich von Rodins Werk emanzipierte“. Wunderbar deutlich wird das unter anderem bei der Gegenüberstellung von Rodins weltweit berühmten „Denker“ und der Figur „Kopf eines Denkers“, die Lehmbruck viele Jahre später schuf.
Lehmbruck dehnte die Körper seiner Skulpturen, wie etwa bei der 1913 entstandenen Figur „Emporsteigender Jüngling“. Im Vergleich dazu können Ausstellungsbesucher Rodins „Schreitender Mann“ sehen, der um 1900 herum entstanden ist. Grade in dieser Gegenüberstellung zahlreicher Werke beider Künstler liegt der Reiz der Duisburger Schau, die zudem mit riesigen Fototapeten als Kulisse für die Skulpturen zeigt, wie die Arbeiten in der Zeit zwischen dem ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert präsentiert wurden.


Wilhelm Lehmbruck, Badende, 1902-1905, Foto © Bernd Kirtz

Zauberhaft auch die ganz frühen Arbeiten Lehmbrucks wie etwa die Figur „Die Badende“ aus dem Jahr 1902 oder die zärtliche Statue von 1907 mit dem Titel „Mutter und Kind“. Ausstellungsbesucher erfahren zudem, daß Lehmbruck 1913 der einzige deutsche Bildhauer war, der in der in Amerika gezeigten Ausstellung „Armory Show“ in New York, Boston und Chicago als deutscher Bildhauer zeitgenössischer Kunst über den Atlantik kam.
Eine zweite, bis zum 8. September terminierte Schau - ebenfalls im Lehmbruck-Museum - vermittelt Einblicke in die private und künstlerische Biografie des Künstlers, der sich am 25. März 1919 in Berlin das Leben nahm. Zu sehen sind selten gezeigte Frühwerke, die zusammen mit historischen Fotos den Werdegang Lehmbrucks erlebbar machen. Auch über seine Zeit an der Kunstgewerbeschule und später als Student an der Kunstakademie Düsseldorf wird informiert.
Ausgespart werden auch nicht seine letzten Lebensjahre in Zürich und Berlin. Lehmbrucks bildhauerisches Werk dreht sich hauptsächlich um den menschlichen Körper und ist sowohl vom Naturalismus, als auch vom Expressionismus beeinflußt.


Auguste Rodin, Le Sommeil, buste de jeune femme, Musée Rodin Paris
Foto agence photographique du musée Rodin - Pauline Hisbacq

Die Ausstellungen sind dienstags bis freitags von 12 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Lehmbruck-Museum - Friedrich-Wilhelm-Str. 40 - 47051 Duisburg - Tel: 0203 - 283-3294
 
Weitere Informationen: www.lehmbruckmuseum.de

Redaktion: Frank Becker