Eine lichtblicklos-düstere Ballade

„Destroyer“ von Karyn Kusama

von Renate Wagner

Destroyer
(USA 2018)

Regie: Karyn Kusama
Mit: Nicole Kidman, Toby Kebbell, Jade Pettyjohn u.a.
 
Abgewrackte, desillusionierte, durch ihren Beruf körperlich und seelisch lädierte Polizisten gehören zum festen Typenreservoir des Kinos. Sie haben zu viel Schlimmes gesehen und wohl auch getan, unter den Tisch gekehrt und verleugnet. Meist sind es Männer. Diesmal ist es eine Frau. Und man hat sich für den Film „Destroyer“ interessiert, seit man auch nur ein Foto von Nicole Kidman als LAPD-Detective Erin Bell gesehen hat – ein fast totes Gesicht, ausgepowert, so unendlich müde. Man hört es auch – bis in die gebrochene Stimme ein Bild des Elends.
Nun ist die Kidman nicht nur eine exzellente Schauspielerin, sondern auch eine, die (ähnlich wie Meryl Streep) Verwandlungskunststücken nicht abhold ist. Sie, die ohne Anstrengung als Grace Kelly eine der schönsten Frauen der Welt spielen konnte, hat sich einst als Virginia Woolf so verunstaltet, daß sie den „Oscar“ (2002 für „The Hours“) dafür bekam. Nun ist sie in einer Periode ihres Lebens, wo sie besonders viel spielt – und dafür sorgt, daß jede Rolle etwas komplett Neues bietet. Optisch und darstellerisch.
 
In diesem Film von Regisseurin Karyn Kusama geht es um Schuld und Sühne. Um eine alte Rechnung der Polizistin, die mittlerweile auch unter ihren Kollegen nur noch wie ein Gespenst herumwankt, um das sich keiner mehr kümmert. Auf der Suche nach einem bestimmten Mann namens Silas (Toby Kebbell) marschiert sie durch die Unterwelt von L.A. wie nur je ein einsamer Wolf. Es gibt nichts, was sie nicht täte: In einer Szene masturbiert sie einen Todkranken für eine Information, die sie einen Schritt näher zu Silas bringt. Sie schlägt auch zu, wenn es sein muß – auch auf eine andere Frau. Und sie bricht ohne Zögern alle Gesetze, um ihr Ziel zu erreichen. Ist das ein Leben? fragt man sich angesichts des grausamen Herumirrens.
In Rückblenden (nicht zuletzt durch geänderte Kidman-Frisuren kenntlich) gibt es Erklärungen, da sieht man, was vor 17 Jahren alles schief gelaufen ist. Und warum sie so leer geworden ist, daß es ihr egal ist, was mit ihr geschieht. Einziger Fehler der Geschichte – sie läuft zu lange gewissermaßen leer und wird erst gegen Ende dann wieder interessant.
Und da ist auch noch die familiäre Ebene, die anklagende Tochter Shelby (Jade Pettyjohn), die die Mutter so heftig ablehnt, weil sie sich angeblich nie um sie gekümmert hat – und das typische Schuldbewußtsein der Frau, die meint, in der Mutterrolle versagt zu haben. Und außerdem ist der Vater ihrer Tochter damals bei einer gemeinsamen Undercover-Aktion gegen Silas umgekommen. Und außerdem hat sie selbst damals rund um einen Bankraub ein Unrecht begangen.
So etwas kann nicht gut ausgehen, und das tut es auch nicht. Es ist eine lichtblicklos-düstere Ballade über Verbrechen, die sich von den üblichen Werken dieses Genres nur durch eines unterscheidet: Daß diesmal eine Frau im Mittelpunkt steht und so tragisch untergeht wie sonst nur Männer in dieser Welt.
 
 
Renate Wagner