Balkan-Melodien in modernem Outfit

Meisterkonzert mit Nikola Parov und Agnes Herczku

von Daniel Diekhans

Nikola Parov, Agnes Herczku © Nikola Parov
Balkan-Melodien
in modernem Outfit
 
Nikola Parov und Agnes Herczku
glänzen im Teo Otto Theater
 
Für Weltmusik-Fans sind die Auftritte von Nikola Parov und Agnes Herczku ein Leckerbissen. Die Spezialität des Duos sind traditionelle Balkan-Melodien im modernen Klanggewand. Die Ungarin Herczku bringt ihre Stimme ein, der in Ungarn lebende Bulgare Parov sein Können als Multi-Instrumentalist. Beim Konzert spielte er im Teo Otto Theater gar von Lied zu Lied ein anderes Instrument – von der griechischen Bouzouki bis zur schwedischen Nyckelharpa.
 
Parov wollte man nicht recht glauben, daß seine Partnerin erkältet sei. Denn selbst in angeschlagenem Zustand hatte ihre Stimme mehr Ausdruckskraft als die vieler Popsternchen. Fesselnd war auch ihre Bühnenshow. Was mit zurückhaltenden Gesten begann, konnte sich innerhalb eines Stückes in einen temperamentvollen Tanz verwandeln. Dabei konnte sie sich auf das ideenreiche Spiel ihres Begleiters verlassen. Wenn sie in ihrer Muttersprache ein Liebeslied sang, legte er eine flotte irische Melodie darunter. Eine weitere Spezialität von Parov, denn als langjähriger Musiker der Original Riverdance Show lernte er keltische Klänge gründlich kennen.
Von der grünen Insel ging es in den Orient, als er zum Rabab griff. Durch die osmanischen Eroberer kam die Kniegeige auch in die Balkanländer. Schon sein Großvater, erklärte Parov, habe das Instrument gespielt. Rauh bis heiser klang es und ging einem durch und durch. So beredt wie sein Spiel war auch sein Gesang. Im Duett vermischten sich ihr voluminöses Organ und seine Baritonstimme. Am liebsten hatten es die beiden, wenn das Publikum mitsang. Und was konnte man bei einem Da-Da-Da-Refrain schon falsch machen? Parov jedenfalls war zufrieden und setzte eins drauf, indem seine Stimme ein Trompetensolo imitierte.
 
Die Lacher hatte er auf seiner Seite, als er versicherte: „Es gibt eine Welt jenseits der Blockflöte.“ Die von ihm mitgebrachten Flöten klangen tatsächlich ganz anders. Der kurzen Duduk entlockte er schnelle, gestochen scharfe Tonketten. Dunkler und voller klang die Kaval, die als Nationalinstrument Bulgariens gilt. An diesem Abend ging es aber nicht bloß um den Spaß an der Musik. Die Musiker wollten ihre Hörer mit den Inhalten der alten Lieder vertraut machen. Bei der Ballade von den drei Brückenbauern fühlte man sich gar in eine antike Sage zurückversetzt. Damit die Brücke hält, soll das erste, was hinunter zum Fluß kommt, geopfert werden. Die grausame Pointe des Liedes will, daß es sich um die Ehefrau eines der Brückenbauer handelt. Eine echte Schauergeschichte. Der musikalischen Qualität tat das allerdings keinen Abbruch. Voller Leidenschaft war Herczkus Vortrag, sie steigerte dramaturgisch geschickt das Tempo, und Parovs Stimme fügte dem Ganzen weitere Zwischentöne hinzu.
 
Daniel Diekhans