Thorsten Hamer glänzt als großer Schelm

Die „Heinz Erhardt Revue“ in der Stadthalle Wuppertal

von Daniel Diekhans

Thorsten Hamer als Heinz Erhardt - Foto © Highlight Concerts
Thorsten Hamer glänzt als großer Schelm
 
Die „Heinz Erhardt Revue“
gastierte in der Stadthalle Wuppertal
 
Thorsten Hamer merkt man sofort an, wie sorgfältig er seine Bühnenfigur Heinz Erhardt studiert hat. Mit dicker Hornbrille und im grauen Anzug sieht der Schauspieler dem unvergessenen Komiker verblüffend ähnlich. Es ist aber vor allem Erhardts Körpersprache, die Hamer verinnerlicht hat. Das ungelenke Schlenkern mit Armen und Beinen, überhaupt das Linkische und Verdruckste. Als hätte man ein großes Kind in Erwachsenenkleidung gezwängt, das darin lächerlich und zugleich rührend wirkt. Dieses Kind freilich ist ein Schelm, der es faustdick hinter den Ohren hat. Spätestens wenn Hamer die witzige Wortkunst seines Vorbilds zum Besten gibt.
Seine Paraderolle spielt der gebürtige Wuppertaler nun schon seit zehn Jahren. Was mit Solo-Abenden im Theater in Cronenberg (TiC) und im Langerfelder Leo-Theater begann, hat sich zur „Heinz Erhardt Revue“ gemausert, die aktuell durch die Republik tourt. Beim „Heimspiel“ in der Wuppertaler Stadthalle Ende Dezember standen neben Thorsten Hamer die Schauspielerin Katrin Filzen, Sängerin Friederike Peters und eine fünfköpfige Band unter Leitung von Daniel Große Boymann auf der Bühne.
 
In gut zwei Stunden brach sich das Kind im Manne immer wieder Bahn. Wenn Peters und ihre Begleitmusiker die flotten Melodien aus Erhardt-Filmen wie „Drei Mann in einem Boot“ anstimmten, hüpfte und hopste Hamer, daß es eine wahre Freude war. Na klar, da wollte jemand spielen – und selbstverständlich auch mit seinen Gästen. Als ihn Filzen bat, sich dem Publikum vorzustellen, eilte er die Bühne hinunter und begann, den Leuten in der ersten Reihe herzlich die Hand zu schütteln. Er nahm eben gern mal was wörtlich – wie weiland Till Eulenspiegel.
In gebührendem Unernst trug Hamer Verse und Geschichten vor und erzählte nebenbei, daß er als kleiner Junge Heinz Erhardt im Bücherschrank seiner Oma entdeckt habe. „Deswegen widme ich dieses Gedicht meiner Großmutter.“ Auf Goethe-Parodien wie „König Erl“ (hier stirbt als ausgleichende Ungerechtigkeit das Pferd und nicht das Kind) ließ er die Wortspielereien rund um „Ritter Fips“ folgen.
Darüber hinaus erweist sich der Rezitator als Meister der Anti-Klimax. In einem Gedicht beispielsweise türmt er Berge und Gletscher übereinander und baut kontinuierlich Spannung auf. Nur um die Naturkulisse dann mit einem gewaltigen „Platsch!“ im Wasser zu versenken. Sprichwörtlich gewordene Reime wie „Die Made“, nach denen seine Zuhörer mehrfach verlangten, hob er sich wohlweislich für die Zugabe auf.
 
Pfiff haben auch die Szenen, bei denen Filzen und Große Boymann assistieren. Welcher Erhardt-Fan erinnert sich nicht an das Gespräch zwischen Ehemann, Ehefrau und Liebhaber, bei dem jedes Wort mit dem Buchstaben G anfangen muß? Hamer & Co. spielten, als schüttelten sie jeden Satz spontan aus dem Ärmel. „Gerade Gewürzgurken gegessen“ wurde elegant mit „Glas Grog – gutes Gesöff“ pariert.
Sehr gut versteht sich Hamer auch mit Friederike Peters. Als Liebesduett sangen sie „Schatz, es regnet doch“ – die deutsche Version des Ella-Fitzgerald-Hits „Baby It’s Cold Outside“. Wenn Hamer seine Angebetete mit Worten umgarnt, braucht sich sein Bariton hinter ihrem präsenten Sopran nicht zu verstecken.
 
So überzeugend Hamer seine Rolle verkörpert – es macht ihm diebische Freude, zwischendurch aus derselben zu fallen. Dafür brauchte er bloß seine Brille abzunehmen und sich ans Publikum zu wenden: „Es tut so gut, wieder in Wuppertal zu spielen!“ Und er wußte, wem die Ehre gebührt. Den tosenden Schlußapplaus kommentierte er mit den Worten:„Ich bin nur der Darsteller von Heinz Erhardt.“
 
Die Tourdaten der Heinz Erhardt Revue und weitere Informationen findet man unter: http://heinzerhardtrevue.de
 
Daniel Diekhans