Raum und Zeit = Raumzeit

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
Raum und Zeit = Raumzeit

Von Ernst Peter Fischer
 
Die beiden Begriffe aus der Naturwissenschaft, die eigentlich jedem vertraut sind, heißen „Raum“ und „Zeit“. Natürlich ist mit Raum nicht das Zimmer gemeint, in dem wir herumlaufen, und die Zeit, die wir bis zur nächsten Verabredung haben, sondern Raum ist gewissermaßen die Fähigkeit, sich nach links, rechts, oben und unten oder vorne und hinten bewegen zu können, also die Tatsache, daß da ein Nebeneinander von Dimensionen sein kann.
     Zeit ist die Beobachtung, daß es irgendwie immer weitergeht mit dieser physikalischen Zeit, daß ich älter werde und nicht rückwärtsleben oder -denken kann. Es gibt da irgendetwas, was abläuft.
     Für den Raum haben wir offenbar eine gute Wahrnehmung. Wir können nach vorne, nach oben sehen, wir haben ein Organ dafür, wir können ihn fühlen. Bei der Zeit haben wir das nicht. Deshalb sind sie von Anfang an zwar gleich wichtig, gleich maßgeblich, aber insgesamt auch verschieden zu bewerten.
     Raum und Zeit haben eine große Geschichte in der philosophischen Wissenschaft. Immanuel Kant hat sie in seiner Kritik der reinen Vernunft als Grundlagen überhaupt jedes Formulierens von Wissen ausgedrückt. Er spricht von sogenannten „A-priori-Kategorien“, also Dingen, die uns vor jeder Erfahrung gegeben sind. Wenn wir Erfahrungen machen, ordnen wir sie gewissermaßen in diesen Größen, die uns vor der Erfahrung, vor der Geburt, von Anfang an a priori mitgegeben worden sind. Dazu gehören eben auch der Begriff des Raumes und der Begriff der Zeit oder die Erfahrung der räumlichen Dimension - die Fähigkeit, darüber zu sprechen oder die zeitliche Dimension.
     Wenn wir das jetzt überspitzt formulieren wollen, hat Kant gesagt, daß nicht wir Menschen in Raum und Zeit herumlaufen, sondern daß Raum und Zeit in uns Menschen sitzen. Und sie dann von uns herausprojiziert werden, um das, was außen um uns herum ist, zu verstehen.
     Also, nicht wir sind in Raum und Zeit, sondern Raum und Zeit sind in uns.
Die Frage, ob man das so stehen lassen kann, ob man das verstehen kann, ist groß und spannend. Zudem stellt sich die Frage, ob wir an der Vorstellung des Raumes nicht doch etwas ändern können, entweder durch mathematische Überlegungen, zum Beispiel einen mathematischen Raum konstruieren, durch physikalische Überlegungen, indem wir Messungen machen, durch psychologische Überlegungen, an denen wir uns orientieren, oder durch technisch-künstlerische Überlegungen, indem wir überlegen, wie ein Raum gemalt werden könnte, wie aus der Dreidimensionalität des Raumes der zweidimensionale Raum des Bildes werden kann.
 
 
© Ernst Peter Fischer
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