Deutsche Bayer-Arbeitsplätze als Preis für Monsanto-Problem

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Deutsche Bayer-Arbeitsplätze
als Preis für Monsanto-Problem
 
Ein Kommentar von Ulli Tückmantel
 
Bayer hat sich mit dem Kauf von Monsanto schwer verhoben - die Leidtragenden sind nun deutsche Arbeitnehmer. Dabei ist der Ausgang des Rettungsversuchs alles andere als sicher - ein Kommentar.
Da kann Bayer-Chef Werner Baumann so viele betriebswirtschaftliche Gründe anführen wie er will, diese Geschichte bekommt er nicht mehr gedreht: Daß Bayer sich mit dem Kauf von Monsanto schwer verhoben hat, kann jeder seit Monaten am Aktienkurs sehen. In der kommenden Woche muß der Vorstand in London bei einer Konferenz Investoren überzeugen, daß die Aktie nicht zum bloßen Fan-Artikel und der Konzern zu einem Übernahmekandidat wird. Wie sollen Öffentlichkeit und Beschäftigte etwas anderes glauben, als daß der Konzern nun mit deutschen Arbeitsplätzen und der faktischen Aufgabe der Bayer-Keimzelle Wuppertal für einen Rettungsversuch mit ungewissem Ausgang zahlt?
Es kann sein, daß Baumann die Investoren mit dem radikalen Schritt des Abbaus von 12.000 Arbeitsplätzen erstmal überzeugt. Vielleicht aber auch nicht. Vor nicht ganz einem halben Jahr stritt Baumann noch ab, daß der Konzern im Rausch der Monsanto-Übernahme und den damit verbundenen Weltmarktführer-Fantasien sein Kerngeschäft vernachlässige. Und nun sind es die Probleme in den Kerngeschäftsfeldern (oder was davon künftig noch übrig sein wird), die die Begründung für den Job-Kahlschlag liefern sollen. Wie glaubwürdig kann das sein?
Allein in Wuppertal hat Bayer mit dem Bau einer komplett neuen Fabrik für Medikamente zur Behandlung der Bluterkrankheit 600 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Nun soll die Investition nicht genutzt, sondern abgeschrieben werden, weil der Wettbewerb sich verschärft und die Gewinnaussichten sich damit pulverisiert haben. Und das hat niemand kommen sehen? Was ist das denn für eine Unternehmensstrategie? Und die, die jetzt mit ihren Arbeitsplätzen dafür zahlen, sollen glauben, dass alles habe nichts mit Monsanto und den Millionen-Klagen gegen Glyphosat zu tun?
 
Bayer will weltweit 12.000 Stellen abbauen
 
Das ist Wunschdenken. In seinem Bemühen, das Vertrauen von Investoren zurückzugewinnen oder wenigstens nicht komplett zu verlieren, verspielt Baumann das Vertrauen der Belegschaft und der Öffentlichkeit an den Bayer-Standorten. Das mag keine unmittelbare Auswirkung auf den Aktienkurs haben und einen Zahlenmensch wie den Vorstandsvorsitzenden daher zunächst nicht sonderlich beeindrucken. Aber aller Erfahrung nach rächt sich eine solche Unternehmenspolitik früher oder später. Im größeren Kontext sind die Bayer-Pläne nach der Zerschlagung von Thyssen-Krupp und dem RWE-Eon-Deal um Innogy der nächste Schlag, den NRW als Industriestandort in nur einem Jahr erfährt. So langsam muß sich die Landesregierung fragen, ob es mit einer Ruhr-Konferenz getan ist. Es brennt auch an Rhein und Wupper.
 
 
Der Kommentar erschien am 30. November 2018 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.