Rose

Jussi Adler Olsen – „Selfies“

von Frank Becker

Rose
 
Der siebte Fall für das Sonderdezernat Q
- jetzt als Paperback -
 
In ihrem siebten Fall, der weit mehr als nur einer ist, werden Carl Mørck und seine Assistenten Assad und Gordon vom Sonderdezernat Q vor ein Problem gestellt, das sie noch mehr als die Aufklärung der aktuellen Verbrechen beschäftigt: der Zusammenbruch ihrer geschätzten Kollegin Rose Knudsen. Doch zunächst flattern dem Dezernat ein paar alte und neue Kopenhagener Fälle auf den Tisch (und einiges angeln sich die drei außerhalb ihrer Zuständigkeit auch selbst, weil es sie interessiert), die irgendwie miteinander zu tun haben könnten. Wie bewährt entwickelt Jussi Adler Olsen nach Rückblenden verschiedene Handlungsstränge, die zunächst einmal ohne Bezug hoch komplex nebeneinander her laufen. Da ist der aktuelle Mord an einer älteren Frau, Rigmor Zimmermann, der verdächtig dem unaufgeklärt gebliebenen an der schönen Lehrerin Stephanie Gundersen vor etlichen Jahren ähnelt. Auch Rigmors Ehemann, der immer davongekommene deutsche Kriegsverbrecher Fritz Zimmermann, ist auf ungeklärte Weise ums Leben gekommen, mit dem Rollstuhl in einen See gekippt und im flachen Uferwasser ertrunken.

Dann ist da eine Gruppe aufgebrezelter Tussen, die sich auf Kosten der staatlichen Wohlfahrt durchs Leben schmarotzen - Denise, Jazmine, Michelle – und damit ihre Sozialamts-Betreuerin Anne-Line Svendsen zur Weißglut und zu Mordlust bringen. Und es bleibt nicht nur bei der Mordlust, denn Anne-Line hat da durchaus konkrete Pläne, die Welt von diesen Zecken zu befreien. Es gibt im Zusammenhang einen bewaffneten Überfall auf eine Disco, etliche fatale Verkehrsunfälle und eine tote isländische Punkerin.
 
Die erwähnte Krise um Rose ist viel schwerwiegender als alle ihre früheren Zusammenbrüche und Bewußtseinsspaltungen, die wir in den vorigen Romanen erlebt haben, und erst jetzt merken Carl Mørck und seine Kollegen wie schlimm es um sie steht. Sie kommen einem sehr dunklen Kapitel ihrer Vergangenheit auf die Spur, das ahnen läßt, warum es vermutlich so um sie bestellt ist. Wenn sie wüßten, wie übel es ihr tatsächlich ergeht, kämen sie auch noch um das letzte bißchen Schlaf.
Adler Olsen zeigt sich wieder einmal als der präzise Beobachter und genaue Rechercheur, als der er für viele Krimi-Freunde zum Lieblingsautor geworden ist. Seine Charakterbilder sind farbige Illustrationen, er baut knisternde Spannung auf, die zum Weiterlesen zwingt, und er überrascht durch unerwartete Wendungen. Ein Lehnenkraller, würde man beim Film sagen, aber hier braucht man beide Hände um sich am Buch festzuhalten. Ein echter Thriller. Wie Adler Olsen dabei den Leser manipuliert, ihn zum Parteinehmer macht, ist bestechend.
Raffiniert führt er die zunächst so unterschiedlichen Handlungsstränge bis zu einem nicht zu toppenden, mörderischen Ende zusammen – ich hatte das Gefühl, immer schneller lesen zu müssen, um überhaupt mitzukommen – Chapeau!
Berührend aber auch, wie weich er den kantigen Mørck, den undurchschaubaren Assad und den gar nicht mehr so ungeschickten Gordon im Zusammenhang mit Rose zeichnet. Mit Hilfe des gelähmten Ex-Kollegen Hardy und des pensionierten früheren Leiters der Mordkommission dröseln die drei Detektive, die sich nebenbei auch noch mit einem lästigen Fernseh-Reporter heraumschlagen müssen, den haarsträubenden Fall auf und können die Täter (na ja, fast) dingfest machen.
 
Jussi Adler Olsen – „Selfies“
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess
© 2017 dtv, 576 Seiten, Klappenbroschur -  ISBN 978-3-423-19904-9
15,90 €
 
Weitere Informationen: www.dtv.de  und  http://musenblaetter.de/