Olle Karre

von Zepp Oberpichleer

Foto © Jürgen Kassel

Olle Karre
 
Hotte schaute starr auf den Tümpel. Er wollte sicher sein, daß ihn keiner sah. Daß keiner zusah. Fast unbeweglich verharrte er in seiner Position, die er vor vier Stunden angenommen hatte, und beobachtete den Tümpel. Was sollte er auch machen? Einfach rausgeschmissen hatten sie ihn, einfach so. Letzten Freitag, beim Überreichen der Lohntüte sagte der alte Schneiderbremser: „So, Hotte, dat is dann getz die letzte.“ Er wollte fragen, die letzte, wie meinst du das. Er wollte fragen, die letzte, warum. Er wollte fragen, was habe ich denn gemacht, verdammt. Aber er hat nichts herausgebracht. Nahm die Lohntüte, zählte nicht einmal nach, ging zu Adelheid in die Kneipe und versoff die halbe Löhnung, bis er am frühen Morgen rausgeschmissen wurde, stockbesoffen. Und nun saß er am Tümpel und wartete auf den günstigsten Moment, seine olle Karre zu versenken. Bei Diebstahl würde die noch locker zweieinhalb bringen.
 

 Aus: Jürgen Kassel & Zepp Oberpichler – „Heartzland“
Weitere Informationen:  www.vonneruhr.de