Sie hat nichts zu bereuen

Waltraut Haas – „Jetzt sag ich´s“

von Renate Wagner

Waltraut Haas:  „Jetzt sag ich´s.“
 
Der Titel verspricht Neues, und das bekommt der Leser auch.
 
Waltraut Haas, geboren am 9. Juni 1927 in Wien, ist im Vorjahr 90 geworden. Keine alte Dame im Altersheim, sondern privat noch immer die strahlende, lächelnde, quicklebendige Blondine, als die man sie lebenslang kannte. Allerdings hat sie im Sommer 2018 bei den Wachau-Festspielen in Weissenkirchen, die ihr Sohn Marcus Strahl leitet, etwas tatsächlich Neues unternommen: In Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ spielte sie die Großmutter, eine abgrundtief böse Figur, und hatte riesigen Erfolg damit.
Wenig später erschien ihr Erinnerungsbuch mit dem Titel „Jetzt sag ich’s“ – und da konnte man erwarten, daß sie möglicherweise Bedauern ausdrückt, im Lauf ihrer Film- und Theaterkarriere meist nur auf dem Lustspiel- und Boulevard-Sektor gefordert worden zu sein. Doch mitnichten, Waltraut Haas steht zu ihrem Leben, zu ihren Entscheidungen, zu ihrer Karriere. Sie hat nichts zu bereuen.
 
Der Titel verspricht Neues, und das bekommt der Leser auch. Tatsächlich zählt sie zwar Filme und Theaterproduktionen ihres Lebens auf, aber offenbar haben sie die Menschen, denen sie begegnet ist, immer am meisten interessiert. Manches blieb der Öffentlichkeit verborgen und wird nun erzählt – etwa, daß sie eine sehr intensive Romanze mit Tenor Rudolf Schock hatte. Aber hier wie auch in ihrer Beziehung mit dem Schweizer Radrennfahrer Hugo Koblet stand ihr Wunsch nach einer eigenen Karriere im Weg: Die Herren hätten lieber eine schöne Frau ohne eigene Bedeutung an der Seite gehabt.
Eine besonders interessante Geschichte ist der Weg von Waltraut Haas nach Hollywood, der – wie bei vielen deutschen Schauspielern – dann doch nicht glückte. Aber Tyrone Power war sehr verliebt in sie, plante ein Projekt über Kaiser Maximilian von Mexiko mit „Haasi“ in der weiblichen Hauptrolle. Wie wäre wohl die Karriere von Waltraut Haas verlaufen, wäre Power nicht plötzlich und unerwartet gestorben – und sie hätte in einem Hollywood-Film die unglückliche Kaiserin Charlotte verkörpert? Schön genug für die Begriffe der Traumstadt war sie wirklich. Aber so kehrte sie in die Welt der deutsch-österreichischen Lustspiele, oft an der Seite von Peter Alexander, zurück.
 
Geheiratet hat sie dann nach Umwegen schließlich doch Erwin Strahl, mit dem sie bis zu seinem Lebensende in bester Ehe lebte. Als späte Mutter ihres Sohnes Marcus hat sie es auch hier glücklich getroffen, wie sie überhaupt ein Talent für Familie hatte: Ihre Mutter, lebenslange Unterstützerin der Karriere der Tochter, lebte auch bis zu ihrem Tod bei ihr.
Waltraut Haas erzählt viel Anekdotisches – mit Toni Sailer wurde sie fast von einer Lawine verschüttet, bei Romy Schneider war sie Zeugin von deren unglücklicher Romanze mit Curd Jürgens, der klug genug war, sich mit dem jungen Mädchen nicht auf Dauer einlassen zu wollen. Johannes Heesters, den sie ein Leben lang kannte, interessierte sich auch an seinem 105. Geburtstag nur dafür: „Wie war der Applaus?“
Schön auch, daß das von Marina C. Watteck aufgezeichnete Buch in bester Amalthea-Tradition am Ende ein Verzeichnis von Theater-, Film- und Fernsehauftritten bringt. So rührig, wie Waltraut Haas ungeachtet ihres Alters ist, könnte man sich vorstellen, daß da für die nächste Auflage am Ende noch etwas ergänzt werden muß.
 
Waltraut Haas – „Jetzt sag ich´s“
Erinnerungen, aufgezeichnet von Marina C. Watteck
2018 Amalthea Verlag, 240 Seiten, gebunden, mit zahlreichen Abbildungen – ISBN: 978-3-99050-120-7
25,- €
Weitere Informationen: www.amalthea.at