Bilder einer Epoche (Mit der Leica um die Welt)

Roland Jaeger – „Foto-Auge Fritz Block“

von Steffi Engler

© Scheidegger & Spiess
Bilder einer Epoche
(Mit der Leica um die Welt)
 
Die Wiederentdeckung des Fotografen Fritz Block
Neue Fotografie – Moderne Farbdias
 
Erstaunlicherweise kein Museum, sondern die Handelskammer Hamburg zeigt derzeit (noch bis zum 30. November) eine Ausstellung, die den umfangreichen fotografischen Nachlaß des Architekten und Fotografen Fritz Block (1889–1955) aus einem aufregenden Vierteljahrhundert gesellschaftlicher, politischer, architektonischer Umbrüche und der Entwicklung eines neuen Sehens in Ausschnitten präsentiert.
 
Als Architekt gehörte der Westfale Fritz Block zu den engagierten Vertretern des Neuen Bauens in Deutschland. Ab 1929 brachte er den Impuls der Moderne auch als Fotograf zum Ausdruck und trat mit Aufnahmen von Technik und Natur, Architektur und Menschen im Stil der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens hervor. Daneben lieferte er bildjournalistische Städte- und Reisereportagen mit der Leica aus Hamburg, Paris, Marseille und Nordafrika. Ab 1931 berichtete Fritz Block auch aus den USA. Wegen seiner jüdischen Herkunft waren ihm in Deutschland ab 1933 die Arbeit als Architekt und die Veröffentlichung seiner Bilder verwehrt. Auf Auslandsreisen nach Ungarn/Budapest sowie Großbritannien, Jugoslawien/ Dalmatien und Indien setzte er seine Fotografie jedoch fort. Schließlich emigrierte er 1938 in die USA, wo er in Los Angeles die Fotografie zu seinem Hauptberuf machte.


Blick vom Kaufhaus Galeries Lafayette auf den Boulevard Haussmann, Paris, 1930
© Fritz Block Estate Archive, Stockholm/Hamburg 

Ein umfangreicher, opulent ausgestatteter Bildband begleitet die Hamburger Ausstellung und vor allem die Wiederentdeckung dieses Lichbildners, der zum einen mit sicherem Blick erkannte, was später einmal Dokument seiner Zeit sein würde, zum anderen Alltägliches so in den Fokus rückte, daß auch dessen Bedeutung erkannt werden konnte. Das waren eindrucksvolle Bilder von Warenwelt und Handel, Arbeit und Freizeit, Straßenszenen, Momentaufnahmen und Porträts. Eine besondere Kulisse bot New York mit seinen kühnen Brückenbauwerken und den Straßenschluchten von Manhattan mit ihren Häusertürmen. Daß den Architekten natürlich moderne Gebäude und konstruktive Details, zumal der in den Himmel schießenden Hochhausarchitektur in den USA besonders interessierten, liegt auf der Hand. Aber auch die Menschen auf der Straße, Nachkommen von Einwanderern wie er, die das neue Amerika aufgebaut hatten, die Nachkommen der nach Amerika verschleppten Sklaven und die von den weißen Usurpatoren zurückgedrängten Ureinwohner hielt er im Bild fest.

 
   © Fritz Block Estate Archive, Stockholm/Hamburg

Eine besondere Facette von Blocks fotografischer Arbeit sind die schwarz/weiß-Ansichten, Anschnitte und Durchsichten von Muscheln und Schneckenhäusern (Conchylien), deren genialer natürlicher Aufbau in seinen Aufnahmen seine Faszination auch auf den Betrachter heute überträgt. Als sich Anfang der 1940er Jahre die Farbfotografie mit ihrer besonders farbgetreuen und präzisen Variante des Farbdias durchsetzte, schwenkte Block schon aus kommerziellen Gründen auf die Farbfotografie um, da er erkannte, daß hier die Zukunft für Publikationen im Land seiner Zuflucht lag. Er amerikanisierte seinen Namen in „Dr. Fred Block“ und nahm die Berufsbezeichnung „color photographer“ an.


Blick vom Empire State Building auf Chrysler, Chanin und Daily News Building, New York, 1931
© Fritz Block Estate Archive, Stockholm/Hamburg

Dem hinreißenden farbigen Teil seines Nachlasses von „einigen Tausend“ Farbdias auf Kodachrome widmet das Buch leider nur einen vergleichsweise kleinen Abschnitt, in dem man sich aber über die Brillanz eines jeden der gezeigten Bilder freut. Viele der meist kleinformatig gezeigten Farbdias u.a. der Architekturen und Innenarchitekturen von Frank Lloyd Wright, Rudolph M. Schindler, Raymond Loewy, Eero Saarinen, Richard J. Neutra, Alvin Lustig, Gregory Ain, Harvey Hamilton Harris u.a.m. hätte man gerne auf Seitengröße und vielleicht in größerer Auswahl gesehen. Aber man kann ja nicht alles haben.
 
„Foto-Auge Fritz Block“ ist das erste Buch über das fotografische Werk des Architekten und alleine deshalb äußerst verdienstvoll. Es reicht von der Neuen Fotografie der 1920er-Jahre in Deutschland bis zur Farbfotografie der 1940er-Jahre in den USA. Das Buch erscheint zur Ausstellung „Foto-Auge Fritz Block. Der Architekt als Fotograf“ in der Handelskammer Hamburg, die bis 30. November 2018 dort zu sehen ist: www.hk24.de/.
 

Who comes to your home series (The Bread Man) 1942 -  © Fritz Block Estate Archive, Stockholm/Hamburg

Roland Jaeger – „Foto-Auge Fritz Block“
Neue Fotografie – Moderne Farbdias
Der Architekt als Fotograf: Fritz Block war auch mit der Kamera ein Exponent der Moderne
Konzept, Bildauswahl und Text Roland Jaeger
© 2018 Scheidegger & Spiess, 336 Seiten, Halbleinen, Fadenheftung, 23.5 x 30 cm, 146 farbige und 355 Duplex-Abbildungen  -  ISBN 978-3-85881-531-6
85,- €
 
Weitere Informationen: www.scheidegger-spiess.ch