Bogomir Ecker in einer Doppelausstellung in Wuppertal

Eine Kooperation des Von der Heydt-Museums und des Skulpturenparks Waldfrieden

von Jürgen Kasten

Bogomir Ecker, Aufbau des Areals - Foto © Jürgen Kasten

Bogomir Ecker
in einer Doppelausstellung in Wuppertal

Eine Kooperation des Von der Heydt-Museums
und des Skulpturenparks Waldfrieden
 
Dr. Gerhard Finckh war schon Stiftungsmitglied der Cragg Foundation, bevor er Direktor des Von der Heydt-Museums wurde. Im Mai 2019 geht er in den wohlverdienten Ruhestand. Doch noch ist es nicht soweit.  Zusammen mit Tony Cragg, dem Betreiber des Skulpturenparks in Wuppertal, präsentiert er eine sehenswerte Doppelausstellung.
Zum einen im Skulpturenpark Waldfrieden: In der oberen Ausstellungshalle des Parks dominiert eine riesige Installation, die Ecker „Aufbau des Areals“ nennt. Speziell für diese Ausstellung hat er sie konzipiert. Sie wirkt wie zufällig gestellt und könnte jederzeit umgebaut werden. Je nachdem wo sie oder der Betrachter steht, ändert sich der Raum und vor allem der Ton.  Auf den „Ton“ liegt der Fokus sämtlicher Objekte in diesem Pavillon. Gemeint ist nicht der Werkstoff Ton, sondern das Geräusch. Alle den „Aufbau“ umgebende Skulpturen sind deshalb auch der „Werkgruppe Ton“ zuzurechnen.  Das Areal selbst besteht aus Holzkonstruktionen, die mit Akustikschaumstoff überzogen sind. Umgeben wird es von Objekten, die Mikrophonen, Antennen oder Stativen nachempfunden sind, entstanden zwischen 2014-18. Bogomir Ecker verwendet dabei Aluminium, Bronze, Lack und Akustikschaum. Scherzhaft nennt er die schaumüberzogenen Objekte „Tonverhinderungsskulpturen“, weil sie den Schall schlucken. Ecker ist überhaupt ein Schelm. Auf die Frage, was das für Wesen seien, die aus Aluminiumguß auf Sockeln an den Panoramafenstern des Pavillons stehen, zuckt er mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht welche, aber irgendwelche Wesen werden es sein.

Bogomir Ecker, Grax - Foto © Jürgen Kasten
Jedenfalls passen sie gut in die umgebende Natur.“ (Grax, 2010, 42x14x13, Aluminiumguß)
 
Weitere Skulpturen runden das Gesamtbild des Raumes ab. Darunter befinden sich unter anderem verschiedenfarbig lackierte Aluminiumsäulen, auch eine rote, wie sie bereits in großer Ausführung seit Jahren im Außenbereich des Parks steht.
Letztlich wird Ecker gefragt, warum er seine Kunstwerke zeitlich begrenzt. In der Hamburger Kunsthalle stehe zum Beispiel seine „Tropfsteinmaschine“, die bis zum Jahr 2496 Bestand haben soll. Ob er nicht wie jeder Künstler für die Ewigkeit arbeite? Das wünsche sich jeder Künstler, antwortet Ecker. Er aber sei Langstreckenläufer, wolle 95 Jahre alt werden, und bis dahin habe er noch einiges Neue vor.
Zum anderen in der Von der Heydt-Kunsthalle: Auch hier sind einige Skulpturen Eckers aufgebaut, die im Kontext der übrigen Ausstellung stehen, Kameras, Mikrophone u.a., doch brillieren hunderte von Fotos, die sämtliche Wände des Museums bedecken. Eine gut durchdachte Fleißarbeit der Kuratorin Anna Storm in Zusammenarbeit mit dem Künstler.
 
Ecker ist Bildhauer, kein Fotograf. Trotzdem hängen von ihm gefertigte Fotos in der Ausstellung, Nachtaufnahmen. Mit der Taschenlampe hat er Ausschnitte von Gebäuden oder Gegenstände beleuchtet und diese ins Bild gesetzt. Oder er hat Gegenstände mit Phosphorfarbe bestrichen, die im Blitz des Fotoapparates aufleuchteten und so ebenfalls ein helles Muster im Bild darstellen. Für diese Fotos war Ecker im nächtlichen Paris und Düsseldorf unterwegs. „Die Interventionen aus dieser Zeit sind Aktion und Objektarbeit zugleich, mit denen sich Ecker der eigenen Beschreibung nach langsam an die Skulptur heranhangelt“, so beschreibt es Kathrin Schönegg während der Vernissage in der Kunsthalle. Sie schrieb den Text zum umfangreichen Katalog und bezieht sich dabei auf ein Gespräch Eckers mit Thomas Wagner.
 
Etwa um 2000 herum haben amerikanische Pressearchive ihre Bestände digitalisiert. Die analogen Fotos wurden danach im Internet zum Kauf angeboten. Ecker kauft und sammelt seitdem.  Mehr als 15.000 sind es bisher, die er nach bestimmten Kriterien aussuchte. Seine Themen sind Dinge, Apparate, Labore, Expeditionen, Figuren, Desaster, Waffen, Situationen der Gewalt und soziale Aussichtslosigkeiten. Die Fotos auf Silbergelatinepapier aus den Jahren 1915 bis ca. 1970 könnten als zeitgeschichtliche Dokumente für sich stehen. Bogomir Ecker überarbeitet sie nicht; aber bearbeitet sie in seinem Sinne, fügt Pfeile, Punkte, Umrandungen oder Textfragmente ein. Der ursprüngliche Fotograf hatte eine Szene subjektiv ins Bild gesetzt. Was außerhalb dieses Bildausschnitts passiert, sieht man nicht. Ecker ermöglicht mit seiner Bearbeitung der Fotos neue Interpretationen. In diesem Sinne sind Einzelfotos gehängt; aber auch zwei in einem Rahmen oder gar ganze Tableaus mit dreißig Bildern. Die Bilder hatten als Einzelstücke nichts miteinander zu tun, erscheinen hier nun aber im logischen Zusammenhang zu stehen.
Ähnlich hatte Ecker auch schon bei der Übermalung von Zeitungsseiten gearbeitet. Die Werkreihe „Zeitung“ bedeckt eine komplette Wand der Kunsthalle.  Mit silbrig schimmerndem Hammerschlaglack bedeckt er Zeitungsseiten, löscht so Artikel und Texte aus, läßt nur Fragmente oder einzelne Bilder freistehen. Bildaussage und Wahrnehmung werden so verändert. „Zusätzliche Lackierung, Stanzung, Durchlöcherung verwandeln so das plane Papier in ein haptisches Objekt,das in Wort und Bild ein wildes Assoziationsspiel mit dem Betrachter treibt“ (Katalogtext).
Nicht ohne Grund lautet das Motto der Ausstellung „Was das Foto verschweigt“. Deshalb nennt Kathrin Schönegg den Bildhauer Ecker auch einen Bildkombinatoriker.


Bogomir Ecker, Was das Foto verschweigt - Foto © Jürgen Kasten

Bogomir Ecker, Jahrgang 1950, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Er war Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und Braunschweig, ist documenta-Teilnehmer und Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Seine Werke sind weltweit, vor allem an vielen Orten Europas vertreten.
 
Es wird dies die letzte Ausstellung in der Von der Heydt-Kunsthalle sein, wie Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh in seiner Einführungsrede erläuterte. Es fehlen Sponsoren. In seiner launigen Rede ließ er den Glanz der einstigen „Ruhmeshalle“ noch einmal aufleuchten und verwies beispielhaft auf Kandinsky, Klee oder Edvard Munch, die hier Einzelausstellungen hatten.
Zur Ausstellung „Was das Foto verschweigt“ ist ein umfangreicher Katalog erschienen.
2018 Verlag Kettler, ISBN: 978-3-86206-721-3
 
23. September 2018 bis 17. Februar 2019                                               Skulpturenpark Waldfrieden
Von der Heydt-Kunsthalle - Im Haus der Jugend                                         Hirschstr. 12 - 42285 Wuppertal
Geschwister-Scholl-Platz 4-6 - 42275 Wuppertal                                       www.skulpturenpark-waldfrieden.de
www.von-der-heydt-kunsthalle.de                                                                März – Oktober, Di-So 10 -19 Uhr
Di-So 11 – 18 Uhr                                                                                         November – Februar, Fr-So 10 – 17 Uhr