Die Realität ist natürlich nicht so schön, wie Hollywood-Drehbücher es uns glauben machen wollen

„Book Club – Das beste kommt noch“ – von Bill Holderman

von Renate Wagner

Book Club – Das beste kommt noch
(USA 2018)

Regie: Bill Holderman
Mit: Diane Keaton, Jane Fonda, Candice Bergen, Mary Steenburgen, Andy García, Don Johnson, Craig T. Nelson, Wallace Shawn u.a.
 
Ist es lustig und einfach nur ehrlich, wenn eine Handvoll attraktiver Damen, die ja doch schon um die 70 sind, nach Sex rufen – oder ist es peinlich? Andererseits: Wo liegen die Probleme der „Oldies“ heute? Immerhin kann man zu „Book Club“ eines sagen: Glücklicherweise gibt es immer wieder Filme mit alten Schauspielern. Sie können nämlich so viel mehr als viele junge, sie haben Mut und Selbstironie… und damit kriegen sie so manches in den Griff.
Wir haben hier ein luxuriöses Damen-Quartett, alte Freundinnen, die sich zu Lese-Diskussionsstunden zusammen finden, um ihre Hirne zu stimulieren. Das kann allerdings, je nachdem, was man liest, in viele Himmelsrichtungen gehen. Wenn ihnen da „Fifty Shades of Grey“ in die Hände kommt, erkennt man nicht nur die mediokre Qualität des Buches, es evoziert auch Ideen. Natürlich gibt man solche Lektüre nicht zu. Was sie gelesen habe, wird Diane von einem Mann gefragt. „Moby Dick“, lügt sie.
 
Es sind hinreißende Geschöpfe von einiger Reputation, die große Jane Fonda (zwei „Oscars“), die noch immer so unglaublich gut aussieht, Diane Keaton (ein „Oscar“) mit ihrer ungeheuren Ausstrahlung, Candice Bergen (eine „Oscar“-Nominierung), die nicht ihre Schönheit, aber ihre Persönlichkeit erhalten hat, und die eigenwillige Mary Steenburgen (ein „Oscar“). Die Lebensbedingungen und Partnerschaften ihrer Figuren sind verschieden, aber im Grunde ihres Wesens sind sie zu jedem Flirt bereit. Tatsächlich benehmen sie sich in diesem Film von Bill Holderman seltsam – als steckten in ihnen noch die kreischenden Teenager, die sie einst, vor einem halben Jahrhundert, gewesen sind… Nein, „#MeToo“ ist wirklich nicht ihr Problem, sie würden sich über manche Aufmerksamkeit freuen…
Nach und nach entwickeln sich vier Schicksale, die mehr oder minder glaubwürdig sein mögen. Man würde jeder erfolgreichen Geschäftsfrau wünschen (wie der von Jane Fonda gespielten Vivian), das sich ein Ex-Liebhaber immer noch als einigermaßen ansehnlich darstellt wie Don Johnson (den gibt es noch?, möchte man da denken). Dann rotiert man mit der Idee, vielleicht doch noch zu heiraten?
 
Witzig am Schicksal der verwitweten Diane (gespielt von Diane Keaton) sind die beiden Töchter, die sich ununterbrochen Sorgen um die Mutter machen, bis zu einem Grad versuchter Bevormundung, als wäre sie unfähig, allein zu leben (oder geht es um eine Generation der „unwürdigen Greisinnen“, mit der die Jungen nicht umgehen können?). Jedenfalls findet gerade Diane in Andy Garcia (attraktiv, verständnisvoll, verführerisch) ein besonders ansehnliches Exemplar von Mann für die neuen Bedürfnisse, der mit ihr sogar über den Grand Canyon fliegt… Und Eltern-Instinkte müssen doch auch einmal ihr Ende haben?
Am konventionellsten verläuft die Beziehung von Carol (Mary Steenburgen), die ihren Gatten Bruce (Craig T. Nelson) bezüglich des nicht mehr stattfindenden ehelichen Sex so frontal attackiert, daß er geradezu erschrocken zurückschreckt. Und besonders interessant ist, wenn sich Sharon (Candice Bergen) – die Dame ist schließlich eine hoch geachtete Richterin – an den Computer setzt und die Möglichkeiten von Partnersuche im Internet erprobt… Da trifft man dann bekanntlich auf ganz schöne Freaks (Wallace Shawn ist ein solcher).
Dennoch muß man aus unserer Sicht sagen, daß diese Variation der „Golden Girls“ (und das sind sie wirklich) sich für unser Verständnis ein bißchen blöd benehmen.  Sagen wir, der Film postuliert die idealistische Botschaft: Mit dem Alter ist nicht alles zu Ende. Aber man bedenke – die Realität ist natürlich nicht so schön, wie Hollywood-Drehbücher es uns glauben machen wollen.
 
 
Renate Wagner