Treulich geführt

Wuppertaler Bühnen: Shakespeares „Viel Lärm um Nichts“

von Frank Becker

Thomas Braus, An Kuohn - Foto © Michael Hörnschemeyer
Treulich geführt
 
Wuppertaler Bühnen: 
Shakespeares „Viel Lärm um Nichts“
 
Zur leicht verdaulichen und höchst erbaulichen Hitparade legte Holger Schulze in seiner Inszenierung am Pfingstsamstag William Shakespeares Komödie „Viel Lärm um Nichts“ an. Die letzte Wuppertaler Schauspiel-Premiere der Saison bot witziges Theater mit vortrefflichem Personal in einer Umgebung, die von Martin Fischer ganz im Sinne des Stratforders ausgestattet wurde. Neben von Kobolden bevölkerten Wäldern sind Schiffe eine andere Vorliebe des Nationaldichters der Engländer in seinen kruden Komödien. Long/Singer/Winfield fragen nicht ganz zu Unrecht: „Warum haben sie 16 Komödien geschrieben, wenn eine gereicht hätte?“. Schulze nahm sich das zu Herzen und zog den Intrigen-, Verwechslungs- und Liebesreigen als italienische Nacht so kurzweilig auf, daß dieser voller Esprit keine Minute zu lang wurde.
 
Über den Hintergrund, vor dem zwei bewaffnete Gruppen entspannt das Ende eines Bruderkrieges und das Leben als ewige Party auf der Luxus-Jacht des Gouverneurs von Messina (Bernd Kuschmann als Pate mit Hornbrille und Dinner-Jackett) feiern, erfahren wir nichts. Mit Schulterhalfter und schwarz-weißer Garderobe leicht als Repräsentanten der „ehrenwerten Gesellschaft“ Siziliens inklusive „Don“ (Achim Conrad) zu identifizieren, agieren die lebenslustigen Herren als „Rat Pack“ des a jour verlegten 16. Jahrhunderts. Daß Schulze dem ironisch als musikalische Kulisse Songs von Dean Martin und Frank Sinatra von „Gentle on my mind“ und „That´s amore“ bis „Moon River“ beigibt, steigert den ohnehin hohen Unterhaltungswert der Inszenierung. Und weil solche Klientel ohne Rechtsanwalt nicht auskommt, ist auch Paolo Conte mit „Via con me“ dabei.

Aus dem Masken- und Intrigenspiel, dem hier besonders hübsch verpackten typischen Shakespeareschen Durcheinander, gehen schließlich zwei verkuppelte Paare hervor: Hero (Anja Barth, Entdeckung aus Dresden) und Claudio (Matthias Gall), mittelschwer beschädigt aber doch noch heiratswillig und die erklärten und umjubelten Lieblinge des Publikums Beatrice (An Kuohn) und Benedikt (Thomas Braus). Wie hier zwei Widerspenstige gezähmt werden, ist eine komödiantische Perle, von Braus und Kuohn mit Saft und Verve gegeben. Da können letztlich nur noch Andrea Witt und Ingeborg Wolff, als Holzapfel und Schlehwein herzlich belacht, sowie Andreas Möckel als reuiger Sünder Borachio mithalten. „Viel Lärm um Nichts“ – keine verlorene Liebesmüh, sondern ganz wie es euch gefällt.


v.l.: Matthias Gall, Achim Conrad, Bernd Kuschmann, Thomas Braus - Foto © Michael Hörnschemeyer

 
Frank Becker, 9.6.03