Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen…

Lucia Jay von Seldeneck, Carolin Huder – „111 Orte in Berlin, die man gesehen haben muß“

von Frank Becker

Berlin, dein Gesicht hat
Sommersprossen…
 
Der Buch der 111 etwas anderen Sehenswürdigkeiten
 
Na klar, auf das Titelbild eines solchen innovativen Reiseführers gehört natürlich nicht der Berliner Bär, auch nicht das Brandenburger Tor – folgerichtig hat Eva Kraskes dafür gesorgt, daß eine der bedeutendsten Berliner Erfindungen als Synonym für Spree-Athen eingerückt wurde: Die Currywurst. Denn die stammt nicht etwa aus dem Ruhrgebiet, von dem sie immer wieder gerne als regionaltypisch reklamiert wird, und wer hat sie erfunden? Eben, eine Berliner Imbißbuden-Besitzerin erfand 1949 die Currywurst-Soße. Und ein Berliner  Metzgermeister entwickelte später sogar eine Wurst, deren Teig mit Curry versetzt wurde und so den Genuß auf die Spitze trieb. Das steht allerdings nicht in dem Artikel zum Berliner Ort Nr. 17, der mit der Gedanktafel in der Kantstraße 101 Herta Heuwer, besagte Imbißbuden-Besitzerin vorstellt. Ich behaupte, es gibt nirgends auf der Welt eine bessere Currywurst als in Berlin. Zack!
 
„Kein Mensch wird jemals fertig mit dieser Stadt. Aber es lohnt sich, sie immer wieder neu zu entdecken!“, sagen die beiden Autorinnen Lucia Jay von Seldeneck, Carolin Huder über Berlin und haben Recht damit. Die Großstadt Berlin, seit nun fast 30 Jahren wieder die Hauptstadt Deutschlands, kann sich (zum Glück!) in Ausdehnung und Bevölkerung nicht mit Molochen wie u.v.a. Tokio, Sao Paulo, New York, Kalkutta, Peking oder London messen, doch hat sie vielleicht mehr Interessantes zu bieten, als viele von jenen. Berlin hat alles, was eine urbane Metropole braucht und auszeichnet, darunter sicher eine der besten Verkehrs-Infrastrukturen der Welt, und Berlin hat für jedermann zugängliche, wenn auch verborgene Oasen, in denen die Natur dem Städter Ruhe schenkt, Zeit zum Durchatmen. Was könnte für eine Großstadt wichtiger sein? Einige davon sind angelegt worden, andere blieben stets unberührt, wieder andere hat sich die Natur zurückerobert. Die Autorinnen und ihre Fotografin Verena Eidel haben viele gefunden und beschrieben. Der Comenius-Garten, das Flugfeld des Zentralflughafens Tempelhof, die Insel im Treptower Park, Friedhöfe, die Gegend um den Müggelturm, die Wuhlheide, der Teufelsberg, der S-Bahnhof Siemensstadt und der Naturpark Südgelände gehören dazu – mal ganz abgesehen von all den anderen hier nicht erwähnten großen Parkanlagen, Seelandschaften und grünen Oasen dieser herrlichen Stadt.
 
Wie viele Kneipen Berlin hat, wie viele Denkmäler und Kirchen, welche herausragenden architektonischen Sehenswürdigkeiten und welche Museen ist sicher irgendwo statistisch erfaßt. Dafür kaufen wir uns einen „normalen“ Berlin-Führer. Mit diesem hier finden wir aber neben vielem anderem zu David Bowies Stammkneipe, zum schrecklichen Steglitze Bierpinsel, zum Polizeimuseum, zum Koreanischen Garten, zu Heinrich von Kleists Grab, zur nächtlichen Barbrücke, zum Hansa-Viertel, zu Neu-Venedig und zur Sehitlik-Moschee. Toll gemacht, meine Damen, das lockt einmal wieder nach Berlin! Dafür unsere Auszeichnung, dem Musenkuß.
 
Lucia Jay von Seldeneck, Carolin Huder – „111 Orte in Berlin, die man gesehen haben muß“ - mit Fotografien von Verena Eidel
© 2011/2017 Emons Verlag, 240 Seiten, Broschur, 13,5 x 20,5 cm, mehr als 111 Abbildungen, vier Karten - ISBN 978-3-89705-853-8
16,95 € [D] , 17,50 € [A]
 
Weitere Informationen:  www.emons-verlag.de