Mal nicht die kleine Meerjungfrau

Jan Gralle / Vibe Skytte – „111 Orte in Kopenhagen, die man gesehen haben muß

von Frank Becker

Mal nicht die kleine Meerjungfrau
 
Kopenhagen ein wenig anders besucht
 
Zwar schmückt eine Miniatur von Edvard Eriksens „Lille Havfrue“ den Umschlag des neuen Kopenhagen-Handbuchs von Jan Gralle und Vibe Skytte, doch ist das nur eine Marginalie mit Wiedererkennungswert. Zu bekannt und zu populär, ja überrannt ist die kleine Bronzefigur an Langelienien im Hafen von Dänemarks Hauptstadt, zu der alljährlich Millionen Touristen pilgern, als daß man noch etwas dazu zu sagen hätte. Folglich fehlen auch Tivoli und Strøget, Rundetårn und Børsen – obwohl doch nicht ganz, schauen Sie mal unter Nr. 54 und Nr. 100 nach.
 
Jan Gralle und Vibe Skytte, „eingeborene“ Kopenhagener, richten in ihrem Buch mit Hilfe des Kopenhagener Fotografen Kurt Rodahl Hoppe den Blick auf vieles, was Touristen sonst vorenthalten bleibt, aber doch so interessant, gemütlich, kurios oder erholsam ist, daß es einen Besuch wert scheint.
Kopenhagen besticht mit einer Mischung aus Geschichte und modernem Stadtleben. Es ist klein genug, um sich gut zurechtzufinden, und groß genug, um das wahre Großstadtleben zu spüren. Unzählige versteckte Ecken wollen entdeckt werden. Dieses Buch weist Ihnen den Weg zu 111 spannenden und ungewöhnlichen Orten – jeder einzelne mit seiner eigenen Geschichte und Atmosphäre. Kopenhagen für Neugierige, die die ausgetretenen Pfade verlassen wollen, schreibt der Verlag dazu.
 
Aus der Zahl der 111 Orte, die mit je einer Text- und einer Bild-Seite sowie einem Informations-Kästchen vorgestellt werden, können wir hier natürlich nur eine Handvoll exemplarisch vorstellen, was tatsächlich schwer fällt, öffnet sich doch auch dem erfahrenen Betrachter ein ganz anderes Kopenhagen. Das Buch beginnt, und wir greifen das gerne auf, in Valby im Süden, mit Tingstedet, dem Mosedalvej und den Studios von Nordisk Film, dem drittältesten Filmstudio der Welt, das noch immer im Betrieb ist. Man kann es besichtigen. Auch ein Imbissstand in guter alter dänischer Tradition steht auf der Liste, der „Flyvergrillen“. Ganz weit im Südosten am Amager Landevej beim Flughafen Kastrup gelegen ist er Treffpunkt für „Planespotter“, Schaulustige, die Flugzeugen beim landen und starten zuschauen und dabei ein Hotdog mit allem Drum und Dran (und hoffentlich mit Røde Pølser) und ein Softeis verdrücken wollen. Wie in vielen großen Städten sind auch in Kopenhagen die Friedhöfe einen Besuch wert, um in der Stille der Gräberfelder Ruhe zu finden und vielleicht berühmten Namen zu begegnen. Hier geht es u.a. um den mosaischen Friedhof, den Obdachlosenfriedhof, die deutschen Kriegsgräber von 1945 sowie um die Geschichte der deutsch/dänischen Kriege und das unüberwundene dänische Trauma von 1864.
Öffentliche Parks wie der I.C. Jacobsen´s Have, der Enghave Park, der Rosengarten und der Strandpark Hellerup stehen Erholungssuchenden zu Gebot, und wer mal elegant müssen möchte, kann die historischen Toiletten am Amagertorv besuchen. Sie sehen schon, man kann ins Plaudern kommen. Kopenhagen-Besuchern, die nicht dem Touristenstrom folgen möchten, kann dieses originelle Buch enpfohlen werden.
 
Jan Gralle / Vibe Skytte – „111 Orte in Kopenhagen, die man gesehen haben muß
Mit zahlreichen Fotografien von Kurt Rodahl Hoppe
Deutsche Fassung: Monika Elisa Schurr
© Emons Verlag /Bogforlaget Frydenlund, 240 Seiten, Broschur, 13,5 x 20,5 cm
ISBN 978-3-7408-0243-1
16,95 € [D] / 17,50 € [AT]
Weitere Informationen:  www.emons-verlag.de