Pawlow’sche Hunde rasen zu den Kinokassen…

„Solo: A Star Wars Story“ von Ron Howard

von Renate Wagner

Solo: A Star Wars Story
(USA / 2018)

Regie: Ron Howard
Mit: Alden Ehrenreich, Emilia Clarke, Woody Harrelson, Donald Glover, Paul Bettany u.a.
 
Es gibt „Imperien“ und „Universen“ in Hollywood, die sich wucherartig ausbreiten. Und stets findet sich noch ein Punkt, wo man erneut ansetzen und die Erfolgsstory weiter schreiben kann. „Stars Wars“, einst 1977 von George Lucas kreiert, ist mittlerweile bis zur Unübersichtlichkeit gewachsen. Und ein Ende scheint nicht abzusehen. Denn so, wie man sich nun Han Solo gewissermaßen solo zuwendet, ist der Film zweifelsfrei auf eine oder mehrere Fortsetzungen angelegt…
 
Han Solo (in Gestalt von Harrison Ford) war neben Luke Skywalker und Prinzessin Leila „der“ Held der ersten Stunde. Danach entwickelte sich die Geschichte fort und fort, bis nur noch Fachleute-Fans Reihenfolgen und Details herbeibeten können. Und wenn man – bei all dem Hin und Zurück der Handlung – irgendwann ansteht, dann geht man halt zum Anfang zurück, genauer: vor den Anfang.
Dort begegnet man nun „Solo“, dem jungen Mann, dem man eine Vorgeschichte gibt. Das „Imperium“ existiert damals schon, gelegentlich klingt die originale, unverkennbare, weltberühmte Titelmelodie auf, im luftleeren Raum soll die Geschichte nicht spielen. Dennoch braucht man keine Vorkenntnisse: Für Kids, die noch nichts von „Star Wars“ wissen (gibt es die?), beginnt die Saga von neuem. Wir begegnen dem jungen Han und seiner jungen Freundin Qi’ra, als sie entschlossen sind, vom terroristischen Planeten Corellia zu fliehen. Ihm gelingt es, sie bleibt zurück.
In den drei Jahren, bis sie sich überraschend wieder treffen, ist Han (man hat ihm den Beinamen „Solo“ gegeben, weil er keine Familie hat) zum denkbar besten Piloten geworden und hat den „Wookie“ Chewbacca (man weiß schon, der grunzende Riesenaffe) zu seinem Freund gemacht. Und Qi’ra begegnet man überraschend bei einem ausgewachsenen Bösewicht namens Dryden Vos, der gefährlich ist wie eine Klapperschlange…
 
Der Film, den Ron Howard inszeniert hat, nachdem der erste Regisseur entfernt wurde, bietet das übliche Gekämpfe und Schlachtengetümmel aus dem Computer, so laut, so wirr und unübersichtlich, daß man sich fast um die gut 40 Jahre zurücksehnt, als das Original zwar für damalige Verhältnisse auch schon „toll“, für unsere heutigen Begriffe aber geradezu schlicht war… Immerhin versucht das Drehbuch, das Lawrence Kasdan mit Sohn Jon Kasdan aus der „Fan-Perspektive“ schrieb, die eine oder andere „ruhigere“ Szene mit sogar ein wenig pointiertem Dialog einzubauen. Damit die Echt-Menschen (die ja in dieser Welt nicht unbedingt in der Überzahl sind) auch etwas zu tun bekommen – und damit man Han ins Herz schließt. Schließlich soll er jetzt und in Zukunft viele Hunderte Millionen Dollar einspielen.
Alden Ehrenreich, bisher noch nicht weiter aufgefallen, sieht ein wenig aus wie der junge Robert Wagner, hat also ein hübsches und sympathisches Gesicht. Seine Verliebtheit in Qi’ra glaubt man ihm ebenso wie seinen kumpelhaften Umgang mit dem Affen, pardon Wookie (Joonas Suotamo gibt den Riesenkerl Chewbacca hinter Fellgesicht), der keine besonders große Rolle, aber in einer Welt, wo es von Kunstfiguren und Robotern wimmelt, bekanntlich seine Funktion hat.
Emilia Clark, die blonde Drachen-Prinzessin aus „Game of Thrones“, ist hier dunkelhaarig, wandelt sich vom entschlossenen jungen Mädchen zur geheimnisvollen, persönlichkeitsstarken jungen Frau, die bis zuletzt ein Rätsel bleibt (und vermutlich noch eine große Zukunft in folgenden Filmen hat). Auch Woody Harrelson als Galgenstrick, dem man nicht trauen kann, macht das Leben für Han Solo nicht leicht – ja, und Lando Calrissian in Gestalt von Donald Glover, der am Pokertisch seine Tricks abzieht und ein paar Pointen setzen darf, bringt auch Farbe in die Sache. Nur die Rolle von Paul Bettany ist zu klein, bedenkt man, welch ausgezeichneter Schauspieler er ist.
Vom Verleih vielfach nachdrücklich gebeten, ja keine „Spoiler“ zu setzen, läßt man es mit der Aufzeichnung der Figuren bewenden, die durch ihre Darsteller einiges Profil bekommen.
 
Daß die Geschichte im Ganzen doch recht belanglos und nie wirklich interessant daher kommt, wird dem Erfolg des Films keinen Abbruch tun. Fans reagieren auf den Begriff „Star Wars“ ja wie Pawlow’sche Hunde und rasen zu den Kinokassen…
 
 
Renate Wagner