Abgründe

Connie Palmen – „Die Sünde der Frau“

von Sabine Kaufmann

Cover-Foto: Marilyn Monroe 1953 © Alfred Eisenstaedt
Abgründe
 
„Good girls go to heaven, and bad girls go everywhere.“
Mae West
 
Marilyn Monroe (1926-1962), Marguerite Duras (1914-1996), Patricia Highsmith (1921-1995) und Jane Bowles (1917-1973) – vier berühmte Frauen, deren Karrieren erfolgreich, deren Leben rastlos, deren Schicksal schwer und deren Ende einsam war. Jede der vier stand auf ihre Art außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, zu der sie sicher alle gerne gehört hätten. So jedenfalls liest man die Essenz der Kurzportraits, die Connie Palmen über die vier geschrieben hat. Das Genannte, das Fehlen eines wirklichen Vaters und der lebenslange Konflikt mit der Mutter verbindet die vier zwar, allerdings ist Marilyn Monroe schon aufgrund des Umstandes, daß sie keine Autorin war (die anderen drei waren es) und sich das Leben nahm (die anderen drei richteten sich überwiegend mit Alkohol und Drogen zugrunde und lebten dafür überraschend lange).
Was sie allerdings gemeinsam hatten: Sie verstießen jede auf ihre Weise gegen Gebote. Sie durchbrachen die Schranken des Anstands, ihres Geschlechts, der herrschenden Moral. Weil ihnen die Gesellschaft Entscheidendes schuldig blieb, verschafften sie es sich selbst, durch kompromißloses Drängen zum Ruhm, Selbstverwirklichung bis zur Selbstausbeutung, zur Not auch um den Preis des Glücks anderer.
Connie Palmen zeigt in ihren vier nach meinem Empfinden sehr willkürlich zusammengestellten essayistischen Porträts bei aller sachlichen Spurensuche viel Emphase. Besonders berührt dabei die Leidensgeschichte der Marilyn Monroe, deren Leben von Anfang bis Ende eines im Falschen war. Hier spürt man besonders Palmens Mitgefühl, das auch auf die Leserin überspringt. Man möchte Norma Jean Baker tröstend ans Herz ziehen – aber auch ihren verzweifelten ersten Ehemann Joe DiMaggio. Bei Jane Bowles und Marguerite Duras mochte der Funke des Mitgefühls nicht so recht zünden, wenn auch ihre Lebensgeschichten durchaus berühren. Schon gar nicht spürt man das Bedürfnis des Trostes bei der exzentrischen Patricia Highsmith, doch dieses Kapitel zieht aufgrund seiner spürbaren Dramatik und der klaren Analyse des schriftstellerischen Werks der Erfinderin des „talentierten Mr. Ripley“ ebenso in Bann wie das über die Monroe.
Das Vorwort („Handreichung“ ist ein wunderbares Wort) solle man auf keinen Fall überschlagen, und auch die Literaturhinweise am Schluß nicht auslassen. Sie könnten zur weiterführenden Lektüre locken.
 
Connie Palmen – „Die Sünde der Frau“
© 2018 Diogenes Verlag, 95 Seiten, Ganzleinen mit Fotovignette im Deckel – ISBN 978-3-257-07022-4
20,- € (D) / 27,- sFr / 20,- € (A)
 
Weitere Informationen:  www.diogenes.ch